Streit in der CDU Merkel macht Hessen zur "Chefin-Sache"

Nach dem Wahldebakel in Hessen und Kritik aus den eigenen Reihen hat Kanzlerin Angela Merkel den angegriffenen Roland Koch verteidigt sowie die Einigkeit der CDU betont. Und auch die hessische Regierungsbildung hat sie sich vorgenommen.

Rückendeckung für den angeschlagenen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch: Nach heftiger Kritik auch aus eigenen Reihen hat Kanzlerin Angela Merkel den CDU-Wahlkampf in Hessen verteidigt und betont, dass die gesamte CDU hinter Roland Koch stehe.

Am Donnerstag hatten mehrere Unionspolitiker Koch scharf kritisiert. In Hessen zeichnet sich unterdessen weiterhin keine Koalition ab. Die parteiinterne Diskussion löste ein Brief von 17 Unionspolitikern zum Thema Integration aus, der in der Wochenzeitung "Zeit" veröffentlicht wurde. Merkel sagte, sie könne in dem Brief keine Kritik an Koch erkennen. Vielmehr hätten die Autoren den Eindruck zurückgewiesen, so die CDU-Chefin. "Roland Koch hatte in seinem Wahlkampf die volle Unterstützung der CDU und meine als Vorsitzende. Das schloss und schließt mit ein, dass wir als CDU für verstärkte Anstrengungen in der Integrationspolitik eintreten." Die Kanzlerin sagte weiter, Jugendkriminalität sei im Wahlkampf zu Recht thematisiert worden. Ein Rechtstaat müsse seine Bürger wirksam schützen können.

Trotzdem sind mehrere Unionspolitiker unzufrieden mit dem hessischen Politiker: "Koch hat Fehler gemacht", sagte der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm im SWR. Die starke Polarisierung habe dazu geführt, dass die Gesprächsfähigkeit zwischen den Parteien nach der Wahl sehr eingeschränkt sei. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, sagte im Bayerischen Rundfunk: "Ich glaube, dass auch mancher Zungenschlag im hessischen Wahlkampf übers Ziel rausgeschossen ist." Die Integrationspolitik dürfe nicht mit Populismus gefährdet werden. Sie komme am besten voran, wenn sie außerhalb des Parteienstreits stattfinde.

Nicht von Koch distanziert

In dem Schreiben heißt es unter anderem: "Integrationspolitik ist so fundamental für die Zukunft unseres Landes, dass sie nicht zum Wahlkampfthema degradiert werden darf." Das wurde als Kritik an Koch interpretiert. Mehrere Unterzeichner stellten jedoch klar, dass sie sich damit nicht von Koch distanzieren wollten.

Der Regierungschef hatte am vergangenen Sonntag bei der Landtagswahl starke Verluste hinnehmen müssen. Der Ausgang der Wahlen in Hessen und Niedersachsen hat jedoch nach Ansicht von Kanzlerin Merkel keine Auswirkungen auf die Politik der Großen Koalition in Berlin. Die Arbeit könne erfolgreich fortgesetzt werden, sagte sie der "FAZ". Streit mit dem Koalitionspartner werde die Union dennoch nicht aus dem Wege gehen.

Merkel kritisiert Ypsilanti

SPD-Chef Kurt Beck bekräftigte unterdessen seine Forderung nach einem Integrationsgipfel. Der offene Brief der 17 CDU-Politiker sei dagegen fast Zynismus und nicht ernstzunehmen, sagte Beck bei einem Besuch im Saarland. Vor der Landtagswahl hätten alle die Positionen Kochs mitgetragen. Mit Kritik an SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti schaltete sich auch Merkel in die Regierungsbildung in Hessen ein. Die Verweigerung Ypsilantis gegen eine Große Koalition sei "staatspolitisch bedenklich", sagte die Kanzlerin. Zugleich warnte sie vor einer Ampelkoalition.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die SPD wandte sich am Donnerstag dagegen erneut gegen eine Koalition mit der CDU wie auch gegen eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Derweil schloss die FDP eine Jamaika-Koalition mit den Grünen und CDU nicht aus.

AP/stern.de