Die Suche nach einem Nachfolger für den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff geht am Sonntagmittag weiter. Die Spitzen der schwarz-gelben Koalition wollten sich um 13.00 Uhr im Kanzleramt treffen, wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Koalitionskreisen erfuhr. Allerdings bemühte man sich, die Erwartungen zu dämpfen: "Es ist eher unwahrscheinlich, dass heute noch Gespräche mit der Opposition stattfinden", hieß es in den Kreisen. "Jetzt finden erst einmal wieder Gespräche in der Koalition statt." Es sei noch nicht absehbar, wie weit man dabei vorankomme. Zuvor hatte eine andere Person gesagt, dass für den späten Nachmittag eine Einladung an die Opposition geplant sei.
Anders als bei der vergangenen Bundespräsidentenwahl wollen sich Koalition und Opposition diesmal auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen. SPD und Grüne favorisieren wie damals den früheren DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, während in Koalitionskreisen am Samstag der Name des evangelischen Theologen Wolfgang Huber kursierte. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat bereits abgesagt. Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle, hat sich Medienberichten zufolge gegen eine Kandidatur ausgesprochen.
Bereits am Samstag hatten Vertreter der Koalition getagt. Unionsfraktionschef Volker Kauder erklärte danach, die Gespräche seien noch nicht beendet. Zwar wollen Koalition und Opposition gemeinsam vorgehen. SPD-Chef Sigmar Gabriel drohte aber Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem eigenen Kandidaten von SPD und Grünen. "Wenn Frau Merkel und die CDU/CSU/FDP-Koalition keine ernsthaften Gespräche mit uns führt, wären wir in der Pflicht, einen besseren Gegenvorschlag zu machen", sagte Gabriel der "Bild am Sonntag". Einem von der Koalition vorgesetzten Kandidaten könne die Opposition nicht zustimmen. Gabriel äußerte aber die Hoffnung, dass es nicht so weit kommen werde. "Ich erwarte von Angela Merkel, dass sie ohne Vorfestlegung ihrer Koalition auf einen Namen in die Gespräche mit uns geht."
SPD und Grüne lehnen Bundesminister ab
Grünen-Chef Cem Özdemir forderte eine Verständigung auf eine Persönlichkeit mit großer Integrität. "Das gegenwärtige Gebaren der schwarz-gelben Koalitionäre wirkt allerdings wie der Versuch einer weitgehenden Vorfestlegung", sagte Özdemir der Zeitung "Die Welt" (Montagausgabe) laut Vorabmeldung.
Gabriel bekräftigte am Samstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Grünen, ein aktiver Bundesminister werde als Nachfolger nicht unterstützt. Nach Möglichkeit solle auch kein aktiver Politiker einer Partei neuer Bundespräsident werden. Ähnlich äußerten sich Özdemir und Grünen-Fraktionschefin Renate Künast bei dem Auftritt.
Für Merkel ist ein Konsens in der Kandidatenfrage wichtig, da wegen einer hauchdünnen schwarz-gelben Mehrheit in der Bundesversammlung ein nur von ihrer Koalition gestützter Kandidat nicht unbedingt gewählt wird.