Terrorgefahr im Luftverkehr Viel versprechen - wenig halten

  • von Manuela Pfohl
Sprengstoff an Bord zweier Flugzeuge. Als die Nachricht bekannt wird, ist das Entsetzen groß. Die Politik verspricht nun wieder einmal mehr Sicherheit. Doch das ist nicht mehr als Aktionismus.

Ein Horrorszenario: Al Kaida schmuggelt Sprengstoffpakete in zwei Flugzeugen aus dem Jemen. Auf dem Flughafen Köln/Bonn wird eines der Pakete umgeladen - ohne dass irgendjemand die explosive Fracht bemerkt. Stimmen die Informationen, die die Sicherheitsbehörden verbreiten, dann sind am Wochenende quasi in letzter Minute zwei katastrophale Anschläge verhindert worden. Und zwar nicht durch die ausgefeilten und erfolgreichen Sicherheitskonzepte an internationalen Flughäfen, sondern nur dank eines Tipps, den offenbar einige Geheimdienste bekommen haben. Ein echter Skandal und ein Paradebeispiel dafür, dass hierzulande gern viel versprochen und wenig gehalten wird.

Seit Jahren versucht die Politik der Öffentlichkeit zu suggerieren, dass Sicherheit im Flugverkehr machbar sei. Erst jüngst feierte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) den Probebetrieb eines megateuren Körperscanners am Hamburger Flughafen als Meilenstein bei der Bekämpfung von Terror im Flugverkehr.

Der Minister staunt

Wenn de Maizière nach dem jüngsten Desaster einräumt, dass zwar alle Passagiere bis auf die Unterhosen "gefilzt" werden, die Luftfracht in der Bundesrepublik aber "relativ wenig" kontrolliert werde und Terroristen diese Lücke erkannt hätten, ist das zwar ein erster Schritt hin zu mehr Ehrlichkeit. Aber man muss sich schon wundern, warum der Minister zu dieser Erkenntnis erst jetzt gelangt. Denn dass es neben der Gefahr durch Selbstmordanschläge von Passagieren auch eine Gefahr durch präparierte Luftfracht gibt, ist schon seit Jahren offensichtlich.

Allein im ersten Halbjahr 2010 wurden laut Statistischem Bundesamt 1,93 Millionen Tonnen Fracht an deutschen Flughäfen ein- und ausgeladen. Dabei lag der Güteraustausch mit dem Ausland bei 1,88 Millionen Tonnen. Eine gigantische Menge, die da kontrolliert werden muss. Und wer tut das?

Lustige Anweisungen zur Sicherheit

Rund 25.000 private Firmen in Deutschland besitzen das nötige Zertifikat, um per Flieger Fracht versenden zu dürfen. Die Voraussetzung dafür ist unter anderem eine Verpflichtungserklärung zur Einhaltung verschiedener Luftsicherheitsanweisungen. Ein Sammelsurium von Anweisungen, das kaum ernst zu nehmen ist. So heißt es darin eispielsweise: "Luftfracht-/Luftpostsendungen dürfen keine verbotenen Gegenstände enthalten, es sei denn, sie wurden ordnungsgemäß angemeldet und entsprechend den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften behandelt." Unter dem Punkt "Personal" steht, dass die Integrität der Mitarbeiter zu prüfen ist. Und zwar: "Zumindest durch eine Überprüfung der Identität (möglichst anhand eines Personalausweises, Führerscheins oder Reisepasses mit Lichtbild) sowie eine Überprüfung des Lebenslaufs und/oder der vorgelegten Referenzen."

Dass es angesichts solch naiver Sicherheitsanforderungen offenbar einigen Al Kaida-Kadern gelang, sich bei UPS einzuschleichen - dem Paketdienst, der die zwei explosiven Pakete vom Wochenende auf den Weg brachte - verwundert nicht. Schon eher , dass sie es nicht bereits viel früher versucht haben.

Weg vom blanken Aktionismus

Wenn der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach eine Überprüfung der Zuständigkeiten für die Luftfrachtsicherheit fordert und anregt, das Ganze in die Zuständigkeit der Bundespolizei zu übergeben, könnte das ein Schritt in die richtige Richtung sein. Nur dann müsste er sich bei seiner schwarzgelben Regierung auch dafür einsetzen, dass die Bundespolizei personell ausreichend bestückt wird. Eine Forderung, die die Polizeigewerkschaft GdP mehr als einmal gestellt hat. Die traurige Realität ist jedoch, dass mit dem Verweis auf knappe Kassen nicht nur immer wieder Stellen abgebaut werden. Auch die Qualität der vorhandenen Technik zur Überprüfung von Fracht liege nach Angaben von Sicherheitsbeamten sehr oft "eher im unteren Bereich".

Will die Regierung mit der Behauptung, sie tue ihr Möglichstes für die Sicherheit im Luftverkehr, künftig noch ernst genommen werden, muss sie endlich weg vom blanken Aktionismus - hin zu echten Veränderungen.