Thüringen Tommy Frenck: Warum wurde ein Neonazi zur Kommunalwahl zugelassen?

Wahlplakat von Tommy Frenck
Ein Wahlplakat von Tommy Frenck
© Michael Reichel / DPA
Der Südthüringer Tommy Frenck hat bei der Kommunalwahl in Hildburghausen knapp ein Viertel aller Stimmen bekommen. Ein Neonazi zieht in die Stichwahl zum Landrat ein. Wie konnte es dazu kommen?

Tommy Frenck grinst freundlich von den Wahlplakaten im Kreis Hildburghausen in Südthüringen. Ein relativ junger Politiker, kurze Haare, blaues Hemd, der Dreitagebart akribisch getrimmt. "Tommy Frenck für eine starke Heimat" steht unter seinem Bild. Frenck kandidiert für das "Bündnis Zukunft Hildburghausen" (BZH), eine Bürgerinitiative wie in vielen anderen Städten bei Kommunalwahlen, so scheint es. Doch Frenck und das BZH sind alles andere als bürgerlich. Der 37-Jährige zählt zu den einflussreichsten und bekanntesten Neonazis der Bundesrepublik – und bekam bei der Kommunalwahl in seinem Kreis knapp 25 Prozent der Stimmen. Nun steht er in der Stichwahl zum Landrat. Wie konnte ein Rechtsextremist überhaupt zu einer demokratischen Wahl zugelassen werden?

Ein Neonazi könnte Landrat werden: Tommy Frenck holte in seinem Kreis ein Viertel der Stimmen

Eigentlich wären Frencks verharmlosenden Wahlplakate unnötig gewesen. Fast sympathisch wirkt er auf seinen Bildern, mit den nichtssagenden Slogans. Welch Geistes Kind er ist, wissen die Menschen in dem kleinen Kreis. Auf seinem Hals prangt ein "Aryan"-Tattoo (zu deutsch: Arier), in der Vergangenheit organisierte er Rechtsrock-Festivals wie "Rock gegen Überfremdung". Zudem betreibt er einen Online-Versandhandel, in dem man von Waffen über T-Shirts bis hin zu Bier und Schnaps fast alles kaufen kann, solange ein klarer Code der rechtsextremen Szene darauf zu lesen ist. Der Verfassungsschutz beobachtet ihn, er wurde wegen Volksverhetzung verurteilt.

Trotz allem stand Frencks Name jetzt auf dem Wahlzettel für die Landratswahl – schon wieder. Bereits 2018 kandidierte er, holte damals 17 Prozent der Stimmen. In diesem Jahr verbesserte er sein Ergebnis sogar auf 24,9 Prozent. Von außen betrachtet ein Unding. Denn eigentlich dürfen Extremisten laut geltendem Thüringer Wahlrecht nicht zu Wahlen antreten. Demnach darf nicht gewählt werden, "wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt." 

Wahlausschuss stimmte mit drei zu zwei Stimmen für die Zulassung Frencks

Doch wer für die Wahl zugelassen wird, entscheidet als letzte Instanz der zuständige Wahlausschuss – ein Gremium aus fünf Politikern. Der Verfassungsschutz reichte in diesem Jahr ein eigenes Dossier ein, über Frenck und sein BZH. Das siebenseitige Schreiben habe man "zur Kenntnis genommen" hieß es später von den Mitgliedern des Ausschusses. Kurz darauf war klar: Drei Mitglieder stimmten für die Zulassung Frencks, zwei dagegen. Laut "Focus" stimmten der Wahlleiter und zwei CDU-Mitglieder für ihn. Der Neonazi durfte antreten. Ein ausschlaggebender Punkt, so das Magazin weiter, könne gewesen sein, dass Frenck selbst bei der Wahl anwesend war und einschüchternd auf die Anwesenden gewirkt haben könnte. 

Schon im April, als die Entscheidung öffentlich wurde, zeigten sich lokale Bürgerinitiativen und Parteien empört. Der Jenaer Verwaltungsrechtler Michael Brenner erklärte MDR Thüringen damals: "Es spricht sehr viel dafür, dass dieser Kandidat nicht auf dem Boden des Grundgesetzes und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht." Angesichts der Vita Frencks könne die "Zulassungsentscheidung des Wahlausschusses durchaus hinterfragt" werden.

Doch das wurde sie nicht. Der Vorsitzende des Wahlausschusses und Kreiswahlleiter Mario Geitt erklärte danach, die Entscheidung des Ausschusses sei "unanfechtbar". 

Dass Frenck tatsächlich als Landrat für Hildburghausen ein öffentliches Amt besetzen wird, ist unwahrscheinlich. Auch wenn er mit 24,9 Prozent der Stimmen ein hohes Ergebnis einfuhr und so in die Stichwahl einzieht, Wahlsieger im Kreis wurde Sven Gregor von den Freien Wählern mit 42,4 Prozent der Stimmen. 

Quellen: MDR, Focus, Spiegel