Der Bericht, wie der BND Journalisten überwacht hat, soll veröffentlicht werden. Das beschloss das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) am Dienstag in Berlin. Zuvor müssen aber noch die Journalisten, die namentlich im Bericht genannt werden, gehört werden. Eine endgültige Entscheidung soll auf der PKG-Sitzung am nächsten Mittwoch fallen.
BND-Chef Ernst Uhrlau sagte zu dem Beschluss: "Ich halte es vor dem Hintergrund, dass Inhalte des Berichts in großen Teilen bekannt sind, für sinnvoll und aus der Interessenslage des BND für unabdingbar." Andernfalls könnten einzelne Informationen des Berichts gegen den BND instrumentalisiert werden. Auch der PKG-Vorsitzende Norbert Röttgen (CDU) argumentierte in diesem Sinne.
Keine Journalisten als "IMs"
Zuvor hatte die Bundesregierung den Geheimdiensten untersagt, künftig Journalisten als Quellen zu benutzen, um undichte Stellen im eigenen Dienst zu identifizieren. Uhrlau, der früher Geheimdienstkoordinator war, behauptete, dies sei ohnehin immer seine Meinung gewesen. "Ich habe in meiner alten Funktion deutlich gesagt, dass Journalisten nicht als 'Fliegenfänger' eingesetzt werden sollen. Daran halte ich fest." Zugleich räumte Uhrlau ein, dass diese Position nicht immer befolgt wurde. "Was in der Vergangenheit gelaufen ist, haben wir kritisiert und bedauert. Diese Vorgehensweise gehört nicht zum Kerngeschäft des BND. Das heißt aber nicht, dass der Bundesnachrichtendienst ein Sauladen ist oder er in einen engen Kontext zur Stasi gebracht werden kann."
Auch Uhrlaus Vorgänger, der ehemalige Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer (CDU), hat reagiert: Er gab bekannt, dass er seinen Sitz im PKG vorerst ruhen lasse wolle. Er wolle nicht an der Aufklärung der Fälle mitwirken, die sich in seiner Amtszeit abgespielt hätten, sagte er. Schmidbauer war unter Ex-Kanzler Helmut Kohl (CDU) für die Geheimdienste verantwortlich. Am Freitag wird der Bundestag in einer Aktuellen Stunde über die Affäre diskutieren.
Jahrelang Journalisten bespitzelt
Der Bundesnachrichtendienst hatte seit den 80er Jahren immer wieder Journalisten bespitzeln lassen, darunter Redakteure von stern, focus, Spiegel und Südwest-Presse. Zum Teil wurden Kollegen der betroffenen Redakteure dafür bezahlt, dass sie Informationen weitergeben. Bei dem stern-Autoren Hans-Peter Schütz wurde in der Privatwohnung ein Gerät gefunden, dass für Lauschangriffe benötigt wird. Schütz hatte sich in seinen Artikeln immer wieder kritische mit Waffengeschäften und dem BND auseinandergesetzt. Bekannt wurden diese Praktiken, weil der 170-seitige Bericht des Sonderermittlers Gerhard Schäfer, der für den PKG gedacht war, in Teilen der Presse zugespielt wurde.
Die "Berliner Zeitung" meldete zudem, dass der BND Telefonate von Journalisten abgehört habe. Diese Meldung bezeichnete Uhrlau als "Ente - von vorne bis hinten". Uhrlau spekulierte in diesem Zusammenhang über eine Kampagne gegen den BND. "Dies ist möglicherweise Teil einer allgemeinen Einschätzung, dass man mit dem BND alles mögliche machen kann"“, so Uhrlau. "Es würde mich nicht wundern, wenn morgen jemand kommen würde und sagt: 'Der BND foltert oder liquidiert.' Möglicherweise kommen dann sofort auch die Fragen: Gibt es dafür Belege? Müssen wir das nicht aufklären?"
Zahlreiche Anzeigen
Die erste Konsequenz aus der BND-Affäre wird eine Reihe von Anzeigen sein. Der PKG will die illegale Weitergabe des Schäfer-Berichts strafrechtlich verfolgen lassen. Auf der anderen Seite planen die Chefredakteure der beiden von der Affäre betroffenen Magazine stern und Spiegel juristische Schritte. "Wir verlangen als erstes Akteneinsicht beim BND", sagte stern-Chefredakteur Thomas Osterkorn. Auch "Focus"-Chefredakteur Helmut Markwort kündigte eine Strafanzeige an.
Der Journalist Hans Leyendecker, selbst Opfer der Spitzelaffäre, erhob schwere Vorwürfe gegen Kollegen. Das Handeln des BND rege ihn nicht hauptsächlich auf. "Ich finde das, was die Journalisten getan haben, viel schlimmer." Leyendecker ist Redakteur bei der "Süddeutschen Zeitung", die Auszüge des Schäfer- Berichts zuerst veröffentlichte.