Die CDU wird immer unzufriedener mit der Chefin. Die Partei wirft der Kanzlerin vor, sie wolle nur noch die Themen der Konkurrenz besetzen. Aber anti-atomiger als die Grünen, selbstzerfleischender als die SPD und womöglich noch scherzkeksiger als die Linke sein zu wollen, strapaziert wohl oder übel das eigene Lager. Und schafft sozusagen Heimatlosigkeit.
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Seltsamerweise wird sogar die Wahl in Bremen als Grundlage für die Merkelschelte genommen. Dabei hat die Union dort noch nie was gerissen. Zudem spielt der ortsansässige Verein in der kommenden Saison nicht mal in der Champions League und gerät damit umso mehr aus dem Fokus der Gutbürgerlichkeit. Die CDU wird also scheinbar immer mehr zu einem flegelhaften, undankbaren Pack, das solide Regierungsarbeit nicht zu würdigen weiß. Dabei stellt sich immer mehr raus: Merkels Weitsicht toppt das unionsinterne Muffensausen um Längen! Ganz akut ist das beim lästigen Energiedingsbums zu beobachten. Merkel wollte von Anfang an nur ein Atommoratorium für drei Monate. Danach sollte es weitergehen wie gewohnt. Dies entsprach auch der innersten merkelschen Überzeugung.
Weil sich die Partei aber irgendwo bei einem Dauerzustandsmix aus Hysterie und Mentaldiphterie eingepegelt hat, dehnte Merkel das Moratorium bis in alle Ewigkeit aus, damit die Partei nicht mehr rumquengelt. Diese Kehrtwende nimmt der Stammwähler seiner Partei nicht ab und boykottiert daher spanische Gurken, weil die ja in den deutschen Heldensagen als Symbol für Brennstäbe gelten.
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Doch nun kann Merkel es ihrer Nörgelpartei schwarz auf grau um die Ohren hauen, dass sie im Recht ist. Die Netzbehörden empfehlen nämlich, die Atommeiler zumindest betriebsbereit zu halten, weil man sie wohl im Herbst wieder brauchen würde. Sonst drohe der Blackout.
Vornehmlich im Süden der Republik. Zu befürchten ist nach Expertenmeinung eine Windflaute im Winter. Für Laien: Weil es im Winter kalt ist, wird es dem Wind schnell zugig. Er erkältet sich quasi. Eine Lungenentzündung ist nur noch eine Frage der Zeit. Und schon kann der Wind nicht mehr richtig blasen und frustriert die Windräder. Seltsamerweise sind da besonders Frankfurt und Stuttgart gefährdet, obwohl eigentlich zuallererst München dran glauben müsste fairerweise aufgrund der militanten Atomfeindlichkeit der Neo-CSU.
Wobei es schon seinen Reiz hätte, wenn der grüne Ministerpräsident im Büro im Dunkeln sitzt, weil eine schwarze Kanzlerin die Meiler abschalten ließ. Das wäre mal Politik paradox mit Paradoxie als Leitkultur.

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Die Umweltminister der Länder haben übrigens immer noch nicht begriffen, worum es geht. Die haben soeben beschlossen, dass die sieben ältesten AKWs abgeschaltet bleiben. Aber wehe, wenn dann daheim der Toaster und Eierkocher streikt! Dann wird wieder umgedacht. Also ist da das letzte Wort noch nicht gesprochen. Schließlich heißt der Bundesumweltminister immer noch Röttgen. Und der hat bei Außentemperaturen zwischen drei und 33 Grad nach wie vor die Meinungsstabilität einer bolivianischen Bergziege.
Dabei hat Merkel bei all ihrem Tun und (noch öfter) Lassen das Wohl und die Gemütlichkeit Deutschlands im Sinn. Hektik vermeiden, Idylle schaffen. Aber ihre Partei will das nicht begreifen. Die Regierungschefs der wichtigen Staaten sind da schon weiter. Beim aktuellen G8-Gipfel ließen die Sarkozys und Obamas dieser Welt Angela Merkel bewusst außen vor. Nicht weil sie sie für inkompetent halten, sondern weil sie ihren Wunsch respektieren, Deutschland in ruhige Gewässer zu lenken. Merkel wiederum zeigte sich dementsprechend gelassen. Sie wusste, dass sie sich die Präsenz in Deauville eigentlich schenken könnte. Am zweiten Tag demonstrierte sie ihre Entspanntheit auf die sehr elegante Weise: Sie machte sich nach dem Aufwachen und Aufstehen nicht mal mehr die Mühe, ihren cremefarbenen Schlafblazer auszuziehen, sondern zog nur noch schnell eine Hose drunter an.
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Beim Thema Libyen wartete die Runde der Staatenlenker dann auch ganz bewusst, bis sich Merkel zu einem Interview verzogen hatte. Sie wissen eben: Deutschland unterstützt natürlich sämtliche Kriege auf der Welt. Aber in erster Linie eben eher durch Daumendrücken. Und wenn was vorwärts geht, applaudiert Deutschland auch brav und tätschelt die westlichen Kombattanten. Im Ernstfall hockt sich Merkel halt lieber mit Milchshake und Popcorn vor die Glotze und schaut den anderen beim Rumballern zu. Das hat sie von Obama und Clinton gelernt, die sich die Tötung von Osama quasi als Kino-Highlight daheim gaben. Spätestens bei den nächsten Wahlen sollte es der Wähler seiner Kanzlerin danken, weil sie die politischen Orkane weitestgehend fernhält von good old Germany. Und mitkriegen tut man ja hierzulande trotzdem alles. Mittendrin, aber nicht dabei. Solidarität durch Absenz. Wenn sich alle so verhalten würde, wäre überall Ruhe.
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