Familie Gnann aus Stuttgart hat ein Problem. Vor ihrer Haustür drückt der Autofahrer auf die Tube und weit und breit ist kein sicherer Fußgängerüberweg zu finden. Bernd Gnann sorgt sich besonders um seine dreijährigen Zwillinge Emma und Anton, die Tag für Tag der Gefahr durch Raser ausgesetzt seien. "Die vorgeschriebene Geschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde werden regelmäßig drastisch überschritten", sagt Gnann zu stern.de. Mit seiner Frau habe er vergeblich versucht zusätzliche Verkehrsschilder aufzustellen. "Dafür haben wir keine Genehmigung erhalten, selbst als wir uns bereit erklärten, die Schilder selbst zu bezahlen."
"Radarwalter" kostete 700 Euro
Im Internet findet die junge Familie dann die vermeintliche Lösung: 1,80 Meter groß, 70 Kilogramm schwer und mit einer grünen Polizeiuniform bekleidet. Der 700 Euro teure Schutzmann aus Plastik hält eine Radarpistolenattrappe in der Hand und soll die Bleifüße abschrecken. "Radarwalter", wie ihn die Familie Gnann liebevoll nennt, hat bereits Wirkung gezeigt. Jedoch anders, als es sich ihre Besitzer erhofft hatten. "Schon bald stand die echte Polizei vor der Tür", sagt Bernd Gnann. Die Beamten forderten den 33-jährigen Schauspieler auf, die lebensechte Attrappe am Straßenrand zu entfernen. Sie würde die Autofahrer ablenken und es könnte zu Unfällen kommen, an denen Gnann dann eine Mitschuld tragen würde.
ADAC-Verkehrsrechtsexperte Dr. Markus Schäpe sieht das anders. "Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass sich auch die Polizei bei einem Unfall verantworten müsste", sagt er zu stern.de. Zudem habe die Staatsgewalt keine Handhabe, sofern die Figur auf dem Privatgrund der Gnanns steht. "Es gibt schließlich kein Gesetz gegen das Erschrecken von Autofahrern", so Schäpe. Die Situation wäre eine andere, wenn vom Plastik-Polizisten Lichtimpulse ausgehen würden. Die würden den Autofahrer direkt beeinflussen. Allerdings zweifelt der Verkehrsrechtsexperte an der Effektivität von "Radarwalter". Autofahrer, die regelmäßig die Strecke nutzten, "schreckt die Puppe bald nicht mehr ab", glaubt Schäpe.
Verkehr fließt langsamer
Gnann ist da anderer Meinung. Die Investition in die Puppe habe sich gelohnt. "Sobald wir die Figur aufstellen, fließt der Verkehr langsamer", sagt er. Der Stuttgarter wolle daher für "Radarwalter" kämpfen, "wenn nötig durch sämtliche Instanzen". Bernd Eichenauer, Leiter der Stuttgarter Straßenverkehrsbehörde, macht ihm wenig Hoffnung auf Erfolg: "Der Fall wird bei uns gerade juristisch geprüft", sagt er. Jedoch zeichne sich ab, dass die allgemeine Gefahrenlage, die durch die Puppe entsteht, gegen den Kunststoffbeamten spricht. Überdies sei strittig, ob der "Hilfspolizist" auf privatem oder öffentlichem Grund eingesetzt wird.
Was in Stuttgart umstritten ist, gehört in Österreich zum Alltag. Dort genießt "Tempomax" Österreich seit einigen Jahren hohes Ansehen. Der große Bruder der Stuttgarter Plastikfigur wird sogar von den Kommunen selbst verwendet - mit Erfolg, wie aus dem österreichischen Bundesministerium für Inneres verlautet. Das weiß auch Bernd Gnann. Er fordert: "Wir sollten dem Vorbild Österreichs folgen und Radarwalter in Deutschland etablieren."