Ungeachtet heftiger Widerstände der Opposition will Rot-Grün den Visa-Ausschuss wegen der geplanten Neuwahl vorzeitig beenden. Die Beweisaufnahme müsse noch in dieser Woche abgeschlossen werden, um dem Bundestag rechtzeitig den gesetzlich vorgeschriebenen Sachstandsbericht vorzulegen, forderte SPD-Obmann Olaf Scholz in einer von der Union beantragten Aktuellen Stunde am Mittwoch. Union und FDP warfen der Koalition einen "Griff in die Trickkiste" vor und kündigten eine Verfassungsgerichtsklage an.
SPD und Grüne wollen ihren Antrag am Donnerstag bei der 23. Sitzung des Ausschusses mit ihrer Mehrheit durchsetzen. "Wir müssen beschließen, dass nach dem 2. Juni keine weiteren Zeugen gehört werden und das Ausschusssekretariat einen Sachstandsbericht ausarbeitet", sagte Scholz. Grünen-Obmann Jerzy Montag sagte wegen der verbleibenden Zeit zum wahrscheinlichen Termin für die Bundestagswahl am 18. September: "Wir müssen sofort beenden und das werden wir auch tun."
Beide begründeten ihren Vorstoß in der teils hitzig geführten Debatte mit dem Gesetz für Untersuchungsausschüsse. Danach habe der Ausschuss dem Bundestag "rechtzeitig" einen Sachstandsbericht vorzulegen, wenn absehbar sei, dass der Untersuchungsauftrag in der Wahlperiode nicht erledigt werden könne. Wenn es nicht zur Neuwahl komme, könne die Ausschussarbeit wie geplant fortgesetzt werden.
Ausschusschef Hans-Peter Uhl (CSU) sagte, es gebe derzeit nur die politische Absicht des Bundeskanzlers, eine vorgezogene Bundestagswahl herbeizuführen "und nicht mehr". Zunächst müssten die Entscheidungen von Bundestag und Bundespräsident über den Wunsch des Kanzlers abgewartet werden. "Man muss Respekt vor diesen Verfassungsorganen haben, die nicht einfach instrumentaliert werden können."
Nach Ansicht von CDU-Obmann Eckart von Klaeden geht es Rot-Grün darum, dass der Ausschuss seine Arbeit nicht vernünftig beenden könne. SPD und Grüne hätten ein gemeinsames Interesse daran, die Vernehmung von Innenminister Otto Schily, die am 8. Juli geplant ist, zu verhindern", Klaeden. Schily selbst erklärte, er stehe selbstverständlich dem Ausschuss zur Verfügung. Auch mit einer Live-Übertragung im Fernsehen zeigte er sich einverstanden, obwohl er nicht überzeugt sei, dass dies der Wahrheitsfindung diene.