Drei Monate nach seinem spektakulären Rauswurf ist der Hamburger Exinnensenator Ronald Schill mit großer Mehrheit erneut zum Landeschef seiner Partei gewählt worden. Auf einem Landesparteitag stimmten am Samstag 139 von 189 Delegierten für Schill. Es gab 37 Nein-Stimmen, 12 Enthaltungen und eine ungültige Stimme.
Schill verzichtet auf Abrechnung
Der Parteigründer hatte zuvor für eine Fortsetzung der Mitte-Rechts-Koalition in der Hansestadt geworben. "Alle diejenigen, die von mir eine Abrechnung mit dem politischen Gegner oder der eigenen Partei erwartet haben, werden enttäuscht sein", sagte der auf dem Parteitag umjubelte Schill. Vor allem der rege Zuspruch aus der Basis habe ihn dazu bewogen, der Politik und dem Land nach dem Skandal um seine Entlassung als Hamburger Innensenator nicht den Rücken zu kehren.
Schill griff in seiner Rede vor allem die Medien an, die die Erfolge seiner Innenpolitik nicht in gebotenem Maße gewürdigt hätten. Der einst als "Richter Gnadenlos" bekannt gewordene Politiker trat auf dem Parteitag erneut für den Landesvorsitz an und warb für sich selbst. "Ein starkes Mandat würde mir ermöglichen, unserer Partei eine unverwechselbare Handschrift zu geben und diese Handschrift auch der Koalition aufzudrücken".
Nockemann und Schill gaben sich die Hand
Beobachter rechneten vor allem bei der Wahl der Stellvertreter mit erbitterten Flügelkämpfen zwischen den zahlreichen Schill-Getreuen und dem Umfeld des neuen Innensenators und erklärten Schill-Feindes Dirk Nockemann. Allerdings gelang es dem Bundesvorsitzenden und Bausenator Mario Mettbach, die beiden zu einem öffentlichen Handschlag zu bewegen.
Nachdem Schill im August vom Ersten Bürgermeister Ole von Beust (CDU) spektakulär gefeuert worden war, hatte er sich weitgehend aus der Politik zurückgezogen und war nur sporadisch als einfacher Abgeordneter zu Bürgerschaftssitzungen erschienen. Erst seit dem Bundesparteitag in Düsseldorf vor einem Monat spürt er offenbar wieder Rückenwind. Für die ohnehin belastete Hamburger Koalition könnte Schill mit seiner Wiederwahl zum Dauerproblem werden. Beust hatte ihn als "charakterlich ungeeignet" entlassen, nachdem ihm Schill ein homosexuelles Verhältnis mit Justizsenator Roger Kusch unterstellt hatte.