Die Spannungen zwischen der designierten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Edmund Stoiber werden immer stärker. Wegen des Streits um den Zuschnitt seines künftigen Ministeriums soll Stoiber nach einem Zeitungsbericht am Rande der Berliner Koalitionsverhandlungen intern mit Verzicht gedroht haben.
Nach Informationen des "Münchner Merkur" sagte Stoiber am Mittwochabend bei einer Sitzung der Arbeitsgruppe Wirtschaft der CDU/CSU, er habe es "nicht nötig, um jeden Preis" ins Kabinett zu wechseln. Stoiber soll dabei die Schwesterpartei CDU kritisiert haben. Eine Bestätigung gab es dafür am Donnerstag nicht. In der CSU-Landesgruppe kursierten nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA aber seit Beginn der Woche Gerüchte über einen etwaigen Rückzug Stoibers.
Steinbrück und Schavan müssen zurückstecken
Merkel versuchte am Donnerstag den Streit zu entschärfen. Nach dem dritten Treffen von Union und SPD in großer Runde sprach sie von einer grundsätzlichen Verständigung. Stoiber werde in seinem Wirtschaftsministerium die Zuständigkeit für die neuen Technologien erhalten. In dem Ministerium werde es auch eine Koordinierung für den EU-Binnenmarkt geben.
Damit müssten sowohl die designierte Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) als auch der künftige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) Kompetenzen an Stoibers Ressort abgeben. Die Abgrenzung sei "im Detail schwieriger, als man denkt", sagte Merkel. Die Auseinandersetzung enthalte aber "nichts Dramatisches". Merkel fügte hinzu: "Ich halte mich an Absprachen." Die endgültige Ressort- Aufteilung werde rechtzeitig vor der Regierungsbildung bekannt gegeben.
Stoiber besteht darauf, als Wirtschaftsminister die Zuständigkeit für neue Technologien aus dem Forschungsministerium zu erhalten. Die detaillierte Festlegung wollte er aber in Merkels Hand legen. Sie solle die zu verlagernden Referate im Rahmen des Organisationserlasses benennen, mit dem das Kanzleramt jeweils zu Beginn der neuen Legislaturperiode den Zuschnitt der Regierung festlegt. Stoiber wolle nicht als Nörgler und "Referatefeilscher" erscheinen, berichtete der "Tagesspiegel" aus CSU-Kreisen.
CSU zweifelt an Ernsthaftigkeit der Drohung
In der CSU wird es trotz der Drohung für unwahrscheinlich gehalten, dass Stoiber am Ende doch in München bleibt. Dazu habe sich die Debatte über seine Nachfolge in Bayern schon zu weit entwickelt.

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Nach dem Zeitungsbericht soll Stoiber in der Sitzung gesagt haben, er könne auch Ministerpräsident in Bayern bleiben. "Dann wird es einen anderen ausgezeichneten Wirtschaftsminister der CSU geben." Mehrere Teilnehmer der Sitzung hätten die Äußerungen bestätigt. Der Parteichef wird in dem Blatt mit den Worten zitiert: "Die CDU muss aufhören, mir Knüppel zwischen die Beine zu werfen."
Nach Aussage Merkels bleibt die Kulturpolitik bei einem Staatsminister im Kanzleramt angesiedelt. Einen Namen nannte sie noch nicht. Zuvor war spekuliert worden, dass dieses Amt eventuell dem Bildungsministerium zugeschlagen werden soll. Dagegen waren von mehreren Seiten Bedenken geäußert worden, unter anderem vom Verhandlungsführer der SPD in der Arbeitsgruppe Kultur bei den Koalitionsgesprächen, Wolfgang Thierse.