Die Deutschen trauen ihrer Regierung kein gerechtes Sparpaket zu. Nur 13 Prozent erwarten ein ausgewogenes Ergebnis der Haushaltsklausur am Sonntag und Montag, wie das am Freitag veröffentlichte ZDF-Politbarometer ergab. Die Bevölkerung von den Sparbeschlüssen zu überzeugen, wird ein hartes Stück Arbeit für die Koalition: Fast alle der im Vorfeld erwogenen Maßnahmen lehnt eine Mehrheit der Menschen ab.
Kanzlerin Angela Merkel und ihre Minister wollen bei der zweitägigen Klausurtagung festlegen, wie der wegen Finanzkrise und Rezession aus dem Ruder gelaufene Bundeshaushalt wieder auf Kurs gebracht werden soll. Ab 2013 muss Deutschland wieder den Euro-Stabilitätspakt einhalten, zudem greift ab 2011 die neue Schuldenbremse im Grundgesetz. Bis 2016 muss die Koalition dazu jedes Jahr ein Haushaltsloch von acht bis zehn Milliarden Euro stopfen - durch Einsparungen oder durch höhere Staatseinnahmen.
Der Umfrage zufolge rechnen 83 Prozent der Bürger nicht mit einem sozial ausgewogenen Sparkurs, weitere vier Prozent sind unentschieden. Und die Koalition muss sich auf große Widerstände von allen Seiten einstellen. Besonders deutlich abgelehnt werden Kürzungen in den Bereichen Rente (91 Prozent), Gesundheit (86 Prozent) und Familienförderung (84 Prozent). Die Steuerfreiheit der Zuschläge zur Nacht- und Sonntagsarbeit wollen 68 Prozent behalten, die Pendlerpauschale zwei Drittel der Befragten.
Auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wird mit breiter Mehrheit abgelehnt (83 Prozent). Allerdings sind 74 Prozent dafür, die Hotelübernachtungen wieder mit dem vollen Satz von 19 Prozent zu belasten. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und eine Besteuerung des Börsenhandels würden 76 Prozent gut heißen. 35 Prozent erwarten für sich große oder sehr große Belastungen.
Ein überzeugender Gerechtigkeits-Mix werde nur zu erreichen sein, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen belastet würden, hieß es in Koalitionskreisen. Klar sei bisher nur, dass die Rentner und der Bildungsbereich geschont würden. Weitgehend Konsens sei, dass es Einschnitte bei den Energie-Subventionen und bei den als unwirksam eingestuften Programmen der Bundesagentur für Arbeit geben werde. Auch bei der Rüstung dürfte es zu Kürzungen kommen.
All das reicht aber nicht aus, um das notwendige Sparvolumen aufzubringen, weshalb auch Einschnitte diskutiert werden, die die Bürger unmittelbar spüren würden. So wird daran gedacht, den Katalog der durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent geförderten Produkte stark zusammenstreichen. Allerdings nicht 2011, sondern auf der weiteren Strecke bis 2016. Der Rotstift kreiste nach Angaben aus Koalitionskreisen auch über der Pendlerpauschale, der Begünstigung der Sonn- und Nachtzuschläge, dem Sparerfreibetrag oder dem Elterngeld.
Nicht vom Kabinettstisch genommen habe Bundesfinanzminister Wolfgang Schäube auch seinen Vorschlag, den Solidaritätszuschlag von 5,5 auf acht Prozent erhöhen, hieß es bei Eingeweihten. Mit dem Mehraufkommen wolle er den Bundeszuschuss zur Gesetzlichen Krankenversicherung finanzieren. Um einen Sozialausleich für die weiter ansteigenden Zusatzbeiträge finanzieren zu können, soll Gesundheitsminister Philipp Rösler zudem zwei Milliarden Euro mehr als die 2011 geplanten 13,3 Milliarden Euro erhalten.
Über die Einführung einer Brennelementesteuer für längere AKW-Laufzeiten wird wohl noch nicht am Wochenende entschieden. "Das Energiekonzept soll zügig, wenn möglich noch bis Ende Juli beschlossen werden", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Die Koalition hofft, mit einem überzeugenden Sparkonzept und der Durchsetzung von Christian Wulff als Bundespräsident eine Wende in der öffentlichen Wahrnehmung zu schaffen. Der Umfrage zufolge würden derzeit nur 34 Prozent die CDU/CSU wählen - der schlechteste Wert seit Oktober 2006. Die FDP bekäme demnach sechs Prozent. "Ich habe Merkel und (Vizekanzler Guido) Westerwelle selten so müde gesehen", sagte ein Koalitionär.