Krise bei den Linken Putin-Nähe, Sexismus-Skandal und nun Führungskrise: Die Linke zerfällt

Ex-Parteichefin Susanne Henning-Wellsow (Die Linke)
Ex-Parteichefin Susanne Henning-Wellsow (Die Linke)
Wahlniederlagen, ein Sexismus-Skandal und jetzt auch noch eine Führungskrise. Die Linke versinkt im Chaos. Was fehlt: Junge Gesichter, an denen sich die Partei aufrichten kann.

Die Linke befindet sich im freien Fall. Die Partei torkelt von einer Wahlniederlage zur anderen, Abgeordnete offenbaren seit Ausbruch des Ukraine-Krieges einmal mehr ihr fragwürdiges Verhältnis zum russischen Aggressor und vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass die feministische Partei offenbar ein handfestes Sexismus-Problem hat. Rund 60 Betroffene haben sich bundesweit gemeldet. Mittendrin: Parteivorsitzende Janine Wissler. Ihr wird vorgeworfen, Hilferufen nicht schnell genug nachgekommen zu sein.

Zurückgetreten ist nun allerdings nicht sie selbst, sondern Co-Parteivorsitzende Susanne Henning-Wellsow. Der Umgang mit Sexismus in den eigenen Reihen habe eklatante Defizite ihrer Partei offengelegt, schreibt die Thüringerin in der Begründung ihres Rückzugs. Wissler will vorerst weitermachen. Es ist allerdings fraglich, wie lange sie sich halten kann.

Denn auch abgesehen vom Sexismus-Skandal hatte das Führungsduo bislang nicht beweisen können, dass es der angeschlagenen Partei neues Leben einhauchen kann. Seit Monaten sind die Linken vor allem mit sich selbst beschäftigt. Interne Querelen verhindern eine glaubwürdige programmatische Neuausrichtung.

Wähler straften die Linke ab 

Besonders die nach wie vor populäre Sahra Wagenknecht schießt regelmäßig quer. Zwar hatte man vor der Bundestagswahl öffentlichkeitswirksam einen Burgfrieden geschlossen. Doch spätestens am Wahlabend und im Vorfeld des Ukraine-Krieges wurden alte Konfliktlinien wieder sichtbar. Die Wählerinnen und Wähler nehmen die Linke nur noch als zerstrittenen Haufen wahr und strafen die Partei an der Urne ab. Bei fast allen Landtagswahlen seit Februar 2021 (dem Start von Henning-Wellsows und Wisslers Amtszeit) schnitten die Linken schlechter ab als zuvor. Zuletzt flog man auch aus dem Saarländischen Landtag.

In den Bundestag retteten sich die Linken im letzten Herbst nur über eine Sonderregel. Das schlechte Abscheiden blieb jedoch ohne Konsequenzen. Die Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali wurden einfach wiedergewählt. Zu verkrustet scheinen die Machtstrukturen. Gleichzeitig fehlen der Partei junge Gesichter. Die Bundestagsfraktion ist mit einem Schnitt von 50,4 Jahren die zweitälteste im Parlament. Die parteinahe Jugendorganisation linksjugend [‘solid] ist kaum bekannt.

Die nun bekannt gewordenen Sexismus-Vorwürfe treffen in das Herz der selbsternannten feministischen Partei. Die Linke werden offenbar ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht und ein Teil der Parteispitze verschleppt die Aufklärung. Das wird nachwirken.

Ohne einen echten programmatischen und personellen Neuanfang droht die Partei Die Linke 25 Jahre nach ihrer Gründung in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.