Fragen und Antworten So soll der Bürgerrat zum Thema Ernährung ablaufen

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) im Deutschen Bundestag
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) lost am Freitag die Teilnehmer für den Bürgerrat aus, der im September beginnen soll
© Michael Kappeler/dpa
Ein erstmals vom Bundestag beschlossener Bürgerrat soll ab September Fragen rund um das Thema Ernährung diskutieren. Aber wie soll das genau ablaufen? Eine Übersicht.

In diesem Jahr soll es erstmals einen vom Bundestag beschlossenen Bürgerrat geben. Er soll sich mit Fragen rund um das Thema Ernährung befassen. Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) lost am Freitag die Teilnehmer aus. Starten soll der Rat im September. Worum es geht:

Was ist das Ziel des Bürgerrats?

Die drei Ampel-Parteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, "neue Formen des Bürgerdialogs wie etwa Bürgerräte" zu nutzen. Ziel ist es, einer Entfremdung von Bürgern und Politik entgegenzuwirken und zur Versachlichung kontroverser Debatten beizutragen.

Warum wurde Ernährung als Thema gewählt?

Der Koalitionsvertrag ließ das Thema offen. Die Regierungsfraktionen entschieden sich für Ernährung, weil dies viele Menschen umtreibt und in ihrem Alltagsleben betrifft. Der Bürgerrat wurde dann im Mai per Parlamentsbeschluss mit dem Titel "Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben" eingesetzt. Er soll 160 Teilnehmer ab 16 Jahren haben.

Worüber soll konkret diskutiert werden?

Der Rat soll sich dazu äußern, was "zu einer transparenten Kennzeichnung von sozialen Bedingungen, von Umwelt- und Klimaverträglichkeit und von Tierwohlstandards" auf Lebensmitteln gehört. Erörtert werden soll auch, wie die Bevölkerung "bei Kaufentscheidungen im Hinblick auf eine gesunde Ernährung besser unterstützt" werden kann und welchen "steuerlichen Rahmen" der Staat für die "Preisbildung von Lebensmitteln" setzen sollte. Auch Konzepte gegen Lebensmittelverschwendung stehen auf der Agenda.

Wie werden die Mitglieder ausgewählt?

Bas hatte Mitte Juni knapp 20.000 zufällig ausgeloste Bürgerinnen und Bürger aus 82 ebenfalls per Zufall bestimmten Gemeinden zur Teilnahme eingeladen. Gut 2000 zeigten Interesse. Ein Algorithmus ermittelte 1000 mögliche Zusammensetzungen eines Bürgerrates, die den vorgegebenen Kriterien entsprechen. Diese sind geografische Herkunft, Geschlecht, Alter, Gemeindegröße und Bildungsstand. Zudem wird sichergestellt, dass auch Veganer und Vegetarier entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sind. Bas zieht dann am Freitag aus diesen 1000 möglichen Varianten einen Bürgerrat.

Ist es der erste Bürgerrat?

Zumindest der erste, der durch das Parlament eingesetzt wurde. In der vergangenen Legislaturperiode hatte es bereits einen Bürgerrat zum Thema Außenpolitik unter Schirmherrschaft des damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) gegeben. Dieses Projekt wurde aber von einem Verein organisiert.

Von wann bis wann soll der Bürgerrat tagen?

Der Bürgerrat wird am 29. September 2023 feierlich eröffnet. Vorgesehen sind insgesamt drei Wochenendsitzungen in Präsenz. Hinzu kommen sechs digitale Abendveranstaltungen. Der Bürgerrat soll seine Beratungen dann bis zum 29. Februar 2024 abschließen.

Was kostet der Bürgerrat?

Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten eine Aufwandspauschale von 100 Euro pro Sitzungstag in Präsenz und 50 Euro pro Sitzung in digitaler Form. Hotelkosten werden übernommen. Hinzu kommen Kosten für eine Stabsstelle Bürgerrat und einen externen Dienstleister. Die Gesamtkosten lassen sich laut Bundestag bisher noch nicht genau beziffern. Im Haushalt 2023 sind maximal drei Millionen Euro für den Bürgerrat vorgesehen.

Was passiert mit den Ergebnissen?

Der Bürgerrat erarbeitet ein Gutachten mit konkreten Handlungsempfehlungen. "Diese fließen in die parlamentarischen Beratungen ein", erklärt der Bundestag. Eine Pflicht zur Berücksichtigung gibt es aber nicht: "Was umgesetzt wird und was nicht, entscheiden am Ende aber allein die Mitglieder des Deutschen Bundestages."

Woran entzündet sich Kritik?

In der Union gibt es die Befürchtung, dass das Vorhaben "die Bedeutung von Parlamenten unterminiert", wie die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann im Mai sagte. Auch der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor warnte diese Woche, legitime Bemühungen um mehr Bürgerbeteiligung dürften "nicht zu einer fortschreitenden Erosion des Konzepts der repräsentativen Demokratie führen". 

AFP
Martin Trauth, ckön