Auf dem zentralen Platz der Könige in Tel Aviv fand eine Großkundgebung für den Frieden im Nahen Osten statt. Prominenteste Gäste auf der offenen Bühne waren der damalige israelische Ministerpräsident Jizchak Rabin und sein Außenminister Schimon Peres. Mit tausenden Aktivisten stimmten sie in ein Friedenslied ein und bewegten sich im Takt der Musik. Doch als sie die Bühne verließen, fielen plötzlich Schüsse. Rabin wurde tödlich getroffen. Der Mord am späten Abend des 4. Novembers 1995 erschütterte die Welt, geschah er doch in einer Phase, in der im Nahen Osten echte Hoffnungen auf Frieden aufkeimten.
Gut zwei Jahre zuvor, im September 1993, hatte Rabin auf dem Rasen des Weißen Hauses in Washington dem damaligen PLO-Vorsitzenden Jassir Arafat erstmals die Hand gereicht. Mit dieser historischen Geste wurde das Gaza-Jericho-Abkommen besiegelt - der erste Schritt zur Autonomie der Palästinenser. Damit allerdings zog Rabin den Zorn jüdischer Rechtsextremisten auf sich. Dass der Attentäter ein radikaler Siedler war, ein junger Student namens Jigal Amir, löste vielerorts eine Mischung aus Schock und einer gewissen Erleichterung aus. Alle Beobachter waren sich darin einig, dass die politischen Folgen viel gravierender gewesen wären, hätte ein palästinensischer Extremist den israelischen Ministerpräsidenten erschossen. So aber wuchsen in Israel die Sympathien für den Friedensprozess, der mit der Madrider Nahost-Konferenz im Oktober 1991 begonnen hatte und in Oslo in zähen Verhandlungen mit Inhalt gefüllt wurde.
Vom Ausverkauf Israels
Erstes Ergebnis war besagtes Abkommen über eine Teilautonomie für die Palästinenser im Gazastreifen und in Jericho im Westjordanland, das am 13. September 1993 in Washington unterzeichnet wurde. Im kommenden Jahr wurden Rabin, Peres und Arafat mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Bei der Umsetzung der Gaza-Jericho-Vereinbarung - auch Oslo I genannt - kam man trotz vieler Schwierigkeiten so gut voran, dass schon im September 1995 Oslo II erzielt wurde. Dieses Abkommen beinhaltete eine stufenweise Ausweitung der Autonomie auf zusätzliche Teile des Westjordanlands bei gleichzeitigem Abzug israelischer Truppen.
Jüdische Siedler sprachen vom Ausverkauf Israels und schürten unter ihren Anhängern ein Klima, in dem der Mord an Rabin möglich wurde. Gleichwohl gilt Amir, der zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, als Einzeltäter.