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Fränzi Kühne "Die Widerstände einfach ignorieren, weitermachen"

Fränzi Kühne war die jüngste Aufsichtsrätin eines Dax-Konzerns. Die Unternehmerin verrät ihre besten Karrieretips und spricht über ihre eigene Erziehung.

Frau Kühne, wann haben Sie gemerkt, dass es Frauen schwerer haben nach oben zu kommen?

Eigentlich erst relativ spät. Ich war ja immer selbstständig und habe mit 25 Jahren mein eigenes Unternehmen gegründet - zusammen mit Boontham und Christoph - und mir über acht Jahre meine Welt so gebaut, wie sie mir gefällt. In unserem Unternehmen TLGG war das Thema Frauen und Gleichberechtigung, paritätische Besetzung, nie ein Thema. Das hat sich natürlicherweise ergeben. Wir haben beim Recruiting auch nicht darauf geachtet und nie diesen Moment gehabt: "Oh, jetzt müssen wir eine Frau einstellen." Wir haben es einfach gemacht. Deswegen war Diskriminierung für mich acht Jahre lang kein Thema. 

Ihre beiden Kompagnons haben Sie immer als gleichberechtigte Partnerin behandelt?

Absolut. Wenn man so sozialisiert ist und so erzogen worden ist wie ich, sucht man sich automatisch die Menschen, die die eigenen Ansichten teilen. So war das mit Christoph und Boontham. Meine Sicht hat sich erst geändert, als ich mit 34 Jahren in den Aufsichtsrat der freenet AG gekommen bin. Die Medien haben mich darauf aufmerksam gemacht, dass es etwas Besonderes ist, als junge Frau in einem Aufsichtsrat zu sitzen.

Fränzi Kühne war die jüngste Aufsichtsrätin eines Dax-Konzern, Gründerin TLGG, Unternehmerin
© Carolin Windel / stern

Und wie war das dann? Wie wurden Sie da empfangen? 

Vielleicht bin ich zu ignorant, aber ich habe nicht bemerkt, dass ich anders behandelt werde. Ich gucke auch nicht so sehr darauf, was die Anderen machen, ich bin immer sehr bei mir.

Sind Sie so erzogen worden?

Ja, meine Eltern waren immer darauf bedacht, dass ich sehr selbstbewusst werde. Trotzdem war es für mich wahnsinnig schwierig, in großen Runden zu sprechen. Selbst als ich schon ein eigenes Unternehmen hatte, bin ich ständig rot geworden. Ich war sehr schüchtern. Mein Papa hat immer gesagt: ,Du musst viel selbstbewusster werden, du musst dich präsentieren können! Geh' in die Politik, trainiere das!' Er hat immer gepredigt, ich soll Rhetorikkurse machen und so weiter.  

Hatten Sie Vorbilder?

Nein, aber ich lasse mich inspirieren und lese dafür gern Artikel von Simone Menne oder Dr. Wiebke Ankersen. Außerdem habe ich mir immer Mentoren gesucht, männliche wie weibliche. Ich habe mir sehr bewusst einen kleinen Kreis von Menschen um mich herum aufgebaut, der mir wohlgesonnen ist und mich gut berät. Auch um mir unterschiedliche Blickwinkel zu holen.

Ihr Karrieretipp?

Ich glaube, eine gewisse Resilienz ist gut. Nicht gleich aufgeben, nicht lange mit Fehlern hadern, sie schnell hinter sich lassen, kämpfen, aber nicht verbissen, sondern mit Leichtigkeit und Selbstbewusstsein durch die Welt gehen. Die Widerstände einfach ignorieren, weitermachen. Nicht den Mut verlieren. 

Gibt es einen Unterschied in der Mentalität zwischen ost- und westdeutschen Frauen?

Naja, in den Vorstandsetagen sind ostdeutsche Frauen auch nicht anzutreffen, aber auch kaum ostdeutsche Männer. Wenn es einen Unterschied gibt, dann den, dass ich es ganz normal finde, dass meine Oma und meine Mutter trotz ihrer familiären Verpflichtungen immer Vollzeit gearbeitet haben. Das ist in Westdeutschland nach wie vor nicht sehr verbreitet. 

Wie erziehen Sie Ihre eigene Tochter?

Ich achte darauf, nicht in Rollenklischees zu fallen. Ich beobachte mit Schrecken bei jungen Mädchen, aber auch Jungen, diese Fokussierung aufs Äußere, auf Instagram, auf Selfies. Ich glaube, da braucht es ein Gegengewicht der Eltern, um den Kindern zu zeigen, dass es nicht so wichtig ist, welchen Lippenstift du gerade trägst, sondern eine selbstbewusste, weltoffene Person zu sein. Wer damit erst anfängt, wenn das Kind 15 ist, der ist zu spät. Da ist der Zug schon abgefahren.

Ich glaube Grundstein für jede Persönlichkeit wird in der Kindheit gelegt, unabhängig vom Geschlecht. Ich bin fest davon überzeugt, dass hier die Weichen gestellt werden und man später dann nur noch wenig Einfluss nehmen kann.

Uns interessieren auch Ihre Erfahrungen und Ihre Meinung. Wie sieht es in Ihrem Job aus? Könnten Sie mehr Frauen oder Männer gebrauchen? Schreiben Sie uns unter quotenfrau@stern.de

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