Der Abwasch der Woche Frau Merkels Fahrt ins Glück

Nanu?! Jetzt will die Regierung plötzlich Elektroautos fördern. Die Abwrackprämie war noch für die Stinker. Doch was kümmert's Merkel, die gerade wieder zur mächtigsten Frau der Welt gewählt wurde. Zeit für den Abwasch.

"Kommunismus - das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung", hat Lenin schon gesagt. "Zukunft - das ist Wachstum plus Elektromobilität", hat Angela Merkel nicht gesagt. Hätte sie aber machen können. Schließlich hat ihr Kabinett - Sommerpause hin oder her - soeben beschlossen, die Entwicklung von Elektroautos mit 500 Millionen Euro zu fördern. Immerhin ein Zehntel der Summe, mit der die gleiche Regierung derzeit den Neukauf von Zehntausenden Benzin- oder Dieselautos fördert.

Bislang will ja auch kaum jemand ein Elektroauto haben. Nur jeder Sechste interessiert sich überhaupt für Strom oder Gas betriebene Autos, wie der Aral-Konzern in dieser Woche mitteilte. Der Umfrage zufolge sieht das Traumauto der Deutschen wie folgt aus: Sparsam, schwarz und mit Klimaanlage.

Ein Auto wie Frau Merkel also.

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Da kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen am Wahltag. Zumal derzeit ausgeschlossen scheint, dass vorher noch so etwas Ähnliches wie Wahlkampf stattfinden wird. Abgesehen von den Sozialdemokraten hat ohnehin niemand Lust darauf. 84 Prozent der Bundesbürger finden Wahlkampf nämlich weder interessant noch spannend. Wenn Angela Merkel also weitgehend darauf verzichten will, handelt sie im Grunde ganz im Sinne der Bürgerinnen und Bürger - wie es sich für eine Kanzlerin gehört.

Franz Müntefering denkt dagegen nur an sich und seine SPD. Der Parteichef will partout nicht Ruhe geben. Wettert diese Woche in einem bayerischen Bierzelt, das ausgerechnet in Hamburg aufgeschlagen worden war, gegen Dr. Merkels gesammeltes Schweigen: "Frau Merkel, kommen Sie aus Ihrer schwarzen Ecke, kommen Sie in die Mitte des Rings. Dann werden wir sehen, wer die besseren Argumente hat." Früher hieß das: Wir klären das vor der Tür. Im Anschluss gab es eine ordentliche Tracht Prügel. Von so was lässt sich Angela Merkel natürlich nicht provozieren. Wahlkampf ist schließlich kein Streit. "Guter Wahlkampf ist nicht Streit", sagt Frau Merkel. Siehste! "Sondern der Wettbewerb um die besten Ideen für Deutschland." Nur woher nehmen, diese Ideen? Da müsste man sich ja festlegen, womöglich sogar inhaltlich, was 1.) hoffnungslos altmodisch ist und 2.) am Ende doch nur zu Streit führt. Und den kann sie im Wahlkampf, siehe oben, nun gar nicht gebrauchen.

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"Achtung Redaktionen" kabelte die Nachrichtenagentur AP am Donnerstag: "Die angekündigte Meldung über einen Wahlkampfauftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Greven entfällt mangels Nachrichtenwerts."

Wer braucht schon Nachrichten aus Greven, wenn man auf Platz 1 der Forbes-Liste der mächtigsten Frauen der Welt rangiert, wie in dieser Woche bekannt wurde. Selbst Hillary Clinton landete nur auf Platz 36 und sogar die Queen muss mit einem der hinteren Ränge vorlieb nehmen. Zur Not könnte die CDU damit ganz Deutschland plakatieren: Weltranglistenerste! Im Adenauer-Haus bastelt man sicher schon an Vorlagen, nur für den Fall, dass es aus Versehen doch noch eng wird mit dem Wahlsieg.

Die Kanzlerin selbst probt für den Fall der Fälle eine ganz gewiefte taktische Variante: Verwirrung. Erstes Training fand diese Woche anlässlich eines Interviews mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" statt, in dem sich folgender kryptischer Satz fand: "Im Programm der Grünen gibt es eine ganze Reihe von Aussagen, die mit unseren Vorstellungen für Deutschland nicht erreichbar sind." Die Aussagen? Sind nicht erreichbar? Und welche "unsere Vorstellungen" meint sie? Egal, Schwarz-Grün schließt Merkel ohnehin aus, sie will Schwarz-Gelb und sonst gar nichts. Sagt sie.

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"Ich bin nicht nah am Wasser gebaut, aber da habe ich geweint, vor Rührung, vor Glück, vor Begeisterung", schluchzte Guido Westerwelle. Meinte allerdings den schönsten Moment in seinem politischen Leben, wonach er im Chat zum RTL-Sommerinterview gefragt worden war: der Fall der Mauer. Klar, sonst säße Merkel ja auch noch immer drüben, statt das vereinte Deutschland bald gemeinsam mit ihm, Westerwelle, zu regieren - und keinen Wahlkampf zu führen.

Nun ist aber auch mal gut. Findet jedenfalls ihr Herausforderer Frank-Walter Steinmeier: "Was kann man von dieser Frau noch verlangen?", fragte er am Donnerstag auf n-tv im Interview. Meinte aber nicht Frau Merkel, sondern die Frau Schmidt. Die Gesundheitsministerin soll ihren Dienstwagen nämlich nicht nur in diesem Sommer, nein, in den letzten Jahren regelmäßig unter Spaniens Sonne geparkt haben, weshalb ihr die FDP den Bundesrechnungshof auf die Pelle hetzen will. Rein interessehalber und im Auftrag der Steuerzahler versteht sich.

Pure Neugier auch das Motiv der Genossen, die sich diskret danach erkundigen, ob Uschi von der Leyen ihre familienministeriellen Familienheimfahrten immer so ganz korrekt verbucht hat. Woran es nämlich leise Zweifel gibt. Und war da nicht was mit dem Herrn von und zu Guttenberg? Nee, nicht, dass der Freiherr gerade von der Supermarkt-Zeitschrift "Laviva" zum "Sexiest Man in Politics" gewählt wurde, mit 28 Prozent, was angesichts der Konkurrenz ein niederschmetterndes Ergebnis ist - die SPD zeigt deutlich mehr Interesse an der Anziehung, die die Anwälte von Linklaters auf den CSU-Wirtschaftsminister ausüben. Sie würde gerne wissen, warum die Großkanzlei für sein Haus Gesetze schreiben darf. Und vor allem: Ob persönliche Beziehungen dabei eine Rolle spielten. Kürzlich sei nämlich der Insolvenzspezialist Kolja von Bismarck ins Frankfurter Linklaters-Büro gewechselt -der sitzt nicht nur im Opel-Aufsichtrat, nein, er sei obendrein ein entfernter Verwandter der Ehefrau des Ministers, Stephanie zu Guttenberg, geborene Gräfin von Bismarck-Schönhausen.

Fluch des Adels - wo doch irgendwie jeder mit jedem verwandt ist, über vier Ecken mit Kaiser Wilhelm, als verschwippter Urenkel eines Cousins ihrer Mutter selbst mit Queen Elisabeth. Und dass die alle unter einer Decke stecken - eh klar.

Jan Rosenkranz ist Redakteur im Berliner stern-Büro. Die Kolumne "Der Abwasch der Woche", die verschiedene Autoren schreiben, kommt immer samstags.