Tag 11 - Trennung in Mukdahan Abschiedsschmerz

Von Helge Bendl
Wer fährt voraus, wer bleibt zurück? Die Mekong-Crew muss sich in zwei Gruppen aufteilen und es ist unklar, ob wir uns gemeinsam am Ziel in China wieder sehen werden.

Gut, es war zwar wieder eine Nacht in einem einfachen Hotel mit warmer Dusche, doch die meisten von uns haben trotzdem eher schlecht geschlafen.Zehn Tage sind wir nun schon als Mannschaft unterwegs, haben ungefähr 1600 Kilometer des Mekong miteinander erlebt. Haben einfache Passagen genossen und uns bei Stromschnellen, Untiefen und Ausfällen des Motors gegenseitig geholfen, so dass am Ende immer alle das Ziel erreicht haben. Die Hälfte der Strecke nach China ist geschafft. Und trotzdem müssen wir uns nun trennen.

Ein Schlauchboot wird in Richtung China vorausfahren und dort, wenn alles gut geht, nach insgesamt dreiwöchiger Reise ohne Verzögerung ankommen. Wie es mit dem zweiten Boot weiter geht ist dagegen unklar. "Wenn wir es schaffen, ein neues Getriebe zu organisieren, dann versuchen auch wir, weiter zu fahren. Sonst wird uns nichts anderes übrig bleiben, als über Land zur ersten Gruppe aufzuschließen", sagt Andy Leemann, der mit einer reduzierten Crew bei dem Schlauchboot mit Getriebeschaden warten wird.

Alle neun Expeditionsteilnehmer kommen um sieben Uhr zur Anlegestelle der thailändischen Stadt Mukdahan. Hier wird sortiert: Ersatzteile, Werkzeug, Gepäck - und Personen. Wer hat - bei einer Expedition eigentlich ein schwerer Fehler - seinen Rückflug für einen Termin direkt nach der geplanten Ankunft in China gebucht und kann nicht warten? Wie viel Gepäck ist an Bord des einen, wie viel an Bord des anderen Bootes?.

Boots-Kapitän statt Jetset-Leben

Armin Schoch, der Logistiker der Mekong-Expedition, übernimmt die Verantwortung für das Boot, das vorausfahren wird. Sollte Andy später nachkommen wird er auch für ihn Treibstoff und Schlafplätze organisieren. Zu Armin an Bord kommt Mats Wahlström. Der Unternehmer aus Schweden hat in den vergangenen Tagen immer mal wieder eines der Boote gesteuert und somit ein wenig Erfahrung auf dem Fluss sammeln kommen. Mats sagt von sich selbst, er möge Abenteuerreisen und erzählt dann gerne die Geschichte, dass er schon zwei Mal mit seiner Harley Davidson die Sahara durchquert habe. Der Immobilien-Händler, der jüngst auch Anteile an einem Schlauchboothersteller gekauft hat, jettet sonst aber eher zwischen seinen Wohnorten Stockholm und Palma de Mallorca hin und her. In Palma kam er auch in Kontakt mit Andy Leemann und beschloss, mit seinem Design-Hotel "Puro" die Mekong-Expedition einerseits zu sponsern, aber auch selbst daran teilzunehmen. Ebenfalls im ersten Boot voraus fahren wird Ola Holmgren, der zweite Sponsor der Fahrt. Der stille 53-Jährige Schwede hat lange Jahre selbst Filme produziert und zählt mit über 65 internationalen Auszeichnungen zu den erfolgreichsten Männern im Geschäft. In den letzten Jahren hat er ein neues Arbeitsfeld für sich entdeckt - er organisiert von Mallorca aus mit seiner Firma "Palma Pictures" den Dreh von Werbespots, Serien und Spielfilmen in der ganzen Welt. Das Dreier-Team wird ergänzt vom deutschen Unternehmer René Hellmich: Er interessierte sich seit langem für die Geschichte Indochinas und sagte zu, als er von einem Bekannten hörte, ein paar wenige Gäste könnten für einen Kostenanteil von 10000 Euro bei der Mekong-Expedition dabei sein. Dokumentiert werden die Erlebnisse des ersten Bootes von Carles Perez, einem Kameramann des katalanischen Fernsehens.

Die Crew muss jetzt noch vorsichtiger sein

"Ihr müsst immer einen Anker parat haben. Falls der Motor in einer Stromschnelle aussetzt gibt es nun kein anderes Boot mehr, dass euch vor einem Abdriften bewahren kann", schärft Andy der Crew des ersten Bootes ein. Auch die Schwimmwesten müssen bereit liegen, wenn nicht sogar getragen werden. "Die Strudel sind enorm. Es ist nicht feige sondern vernünftig, die Westen zu tragen, wenn der Teamleiter das bestimmt." Ohnehin, meint Andy bestimmt und blickt in die Runde, müssten Entscheidungen nun klar getroffen werden: "Es darf nicht sein, dass man eine Passage zwischen den Felsen sucht und dann zu diskutieren beginnt, in welche Richtung man fahren soll."Andy erklärt Skipper Mats, wie er einfache Reparaturen am Motor ausführen soll und was zu tun ist, wenn der Außenborder wegen des zu öligen Benzins wieder einmal stottert. Die Filter vor der Einspritzpumpe müssen dann ausgewechselt werden - das kann auch ein Laie. Sollte das erste Team allerdings auf einen Stein fahren und damit wieder für einen Getriebeschaden sorgen müsste die Crew auf Hilfe vom zweiten Boot warten - oder abbrechen.Alles andere als ein einfacher Trip also für die Männer, die jetzt ablegen. Sie bekommen ein kurzes Winken und aufmunternde Zurufe - und sind schon hinter einer Sandbank verschwunden.In der thailändischen Stadt Mukdahan bleibt neben uns Reportern von stern.de der Deutsche Siggi Stamm zurück, der Andy Leemann bereits auf mehrere Expeditionen und Bootsrallyes in Südamerika begleitet hat. Zu viert werden wir hier versuchen, das defekte Boot wieder auf Vordermann zu bringen. Und alles für einen schnellen Start vorbereiten, damit wir sofort losfahren können, wenn das alles entscheidende Teil, ein neues Getriebe, innerhalb weniger Tage in den Nordosten Thailands eingeflogen werden kann. Morgen werden wir mehr wissen. Ob wir mit dem Boot weiterfahren oder uns über Land in Richtung China durchschlagen müssen. "Wir geben jetzt nicht auf", schwört uns Andy ein. "Man ist mal eine Minute niedergeschlagen. Doch dann geht es immer irgendwie weiter."

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