Was war das wichtig. 5:1 die harmlosen und bedauernswerten Hannoveraner weggefegt, den Kritikern vorerst den Wind aus den Segeln genommen und jede Menge Selbstvertrauen zurückerobert - beim FC Bayern München ist es vor dem Champions-League-Rückspiel gegen Sporting Lissabon wieder etwas ruhiger geworden. Aber nur etwas, denn eines ist auch klar: Hannover war kein Maßstab, Lissabon wird es nach dem Kantersieg im Hinspiel (5:0) auch nicht sein, alleine die nächste Bundesliga-Partie bei den unbequemen Bochumern wird Aufschluss darüber geben, ob die Bayern-Krise auch wirklich schon Geschichte ist.
Dennoch hat der so dringend benötigte Sieg gegen Hannover Aufschlüsse erteilt. Und zwar darüber, was bei den Bayern in den nächsten Wochen mit Sicherheit keine große Rolle mehr spielen wird: Spielkultur von höchster Gnade. Ohne Franck Ribéry und Luca Toni lief es bei den Münchnern am Wochenende auch ganz gut, besonders der Ausfall der Franzosen schien so manchen Akteur von einer Last zu befreien.
Schweinsteiger und Podolski - klappt's jetzt?
Speziell Bastian Schweinsteiger blühte auf. Der technisch hoch begabte, aber auch gerne mal sehr langsam spielende Schweinsteiger durfte endlich den klassischen Zehner geben. Eine Rolle, die ihm liegt. Zwei Tore hat er gegen Hannover vorbereitet, direkt aus der Mitte, der linke Flügel, das Herrscher-Land eines Ribéry, war diesmal nicht so wichtig. Auch Schweinsteigers Kumpel Lukas Podolski, Sie wissen schon: die Beiden aus dem Klinsmann'schen Sommermärchen, blühte auf. Nun gut, "Poldis" Gegenspieler hießen Frank Fahrenhorst und Christian Schulz und schliefen 90 Minuten durch, aber dennoch: Podolski atmete spürbar auf.
Generell lässt sich sagen: Die Bayern-Bosse scheinen die Nase voll zu haben von Spielwitz, Technik, Raffinesse. Leidenschaft, Kampf und Biss bis in die Schlusssekunden - das sind die Attribute, die Klinsmann sehen will. Er weiß: Nur mit spielerischen Mitteln holen die Bayern in diesem Jahr keinen Blumentopf. Zumal der vermeintliche Zauber stets mit dem Namen Ribéry verbunden war - und da funktionierte zuletzt so gut wie gar nichts mehr.
Kampf statt Tanz
Statt "Haut die Polen weg!" heißt es ab sofort: "Kämpfen bis zum Umfallen". Das wird gegen Sporting Lissabon noch nicht nötig sein, aber in der Bundesliga und ab dem Viertelfinale in der Champions League allemal. Und ausgerechnet einer, der vor kurzem noch Klinsmann heftigst kritisiert hatte, steht sinnbildlich für den vom Trainer geforderten Bayern-Fight: Daniel van Buyten. Der Belgier hatte gegen Hannover zwar wie von ihm gewohnt einige Aussetzer in der Defensive, dafür präsentierte er auf dem Platz Eigenschaften, die die Bayern momentan mehr denn je brauchen: Willensstärke, Aggressivität, Laufbereitschaft.
Kein Tricksen, kein Tänzeln, kein Schauspiel-Einlagen: Van Buyten ist einer, der vorangeht und sehr gut grätschen kann. Solche Typen brauchen die Bayern jetzt. Und auch außerhalb des Platzes ist Van Buyten bekannt dafür, Missstände klar und deutlich anzusprechen. Er kritisiert innerhalb der Mannschaft, traut sich aber auch seinen Trainer in die Parade zu fahren: Wie jüngst geschehen. Der Belgier macht Stimmung, und weckt die Truppe auf.
Schluss mit Kuschelatmosphäre
Sollte Van Buyten seine Fußverletzung aus dem Hannover-Spiel überwunden haben, wird er auch gegen Lissabon vorneweg marschieren. Das hieße wohl auch, dass ein Martin Demichelis, zuletzt permanenter Brandstifter in der Bayern-Abwehr, wieder ins defensive Mittelfeld rücken würde. Auch der Argentinier ist einer, der auf dem Platz keine Gefangenen macht. Im Gegensatz zu einem Andreas Ottl, Typ "netter Schwiegersohn" und mit Sicherheit keiner, der Tritte in den Allerwertesten verteilt.
Der Einsatz muss stimmen. Das in jedem Fall, schließlich fehlen gegen die Portugiesen mit Ribéry, Toni, Tim Borowski und Hamit Altintop gleich vier Spieler, die es zu ersetzen gilt. Landon Donovan ist auch schon heimgeflogen. Auf der Bank sitzen mit Thomas Müller und Deniz Yilmaz zwei Spieler der Reserve, des Weiteren noch Breno und José Ernesto Sosa. Wer war das noch?
Egal wer spielt: Ein Ausscheiden ist unmöglich. Da darf sogar ein Hans-Jörg Butt ins Tor, nein, das ist abgesprochen, ja, Michael Rensing bleibt Stammtorwart. Und wer weiß: Vielleicht schießt "Poldi" ja sogar noch einmal ein Tor und "Schweini" legt ihm auf. Oder andersrum. Dann hätten die Bayern am Dienstagabend gleich ihr klitzekleines Frühlingsmärchen.