Erfolgreich sein - ein gutes Gefühl. Sollte man zumindest meinen. Schließlich ist in der Regel das Konto gut gefüllt, die allgemeine Anerkennung groß und das Ego gut gestärkt. Dann aber gibt es aber doch bei vielen Menschen Tage, da kommt mehr oder weniger Langeweile auf. Da denkt man sich, das kann nicht alles sein, da will man mehr, der Blick wandert über den Tellerrand hinaus und man stellt fest: Auch andere machen einen guten Job, und das teilweise sogar auf einem höheren Niveau.
So muss es auch Bayern-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger ergangen sein, als er vor kurzem feststellte, dass er in Zukunft lieber nur ein einziges Mal die Champions League als zehn Mal die Deutsche Meisterschaft gewinnen wolle.
Erfolg kann auch langweilig sein
Eine gewagte Aussage, die vor dem DFB-Pokalhit beim VfB Stuttgart das momentane Befinden vieler Bayern-Stars perfekt widerspiegelt. Aller Voraussicht nach wird der Abonnement-Meister aus München auch in diesem Jahr - trotz der lästigen Laus Hoffenheim im Pelz - die Meisterschale an die Isar holen. Auch die vermeintlich schwere Hürde Stuttgart werden sie wohl überwinden, um anschließend in wenigen Monaten in Berlin den DFB-Pokalsieg zu feiern. Das Double also - zum wiederholten Male, klar ein toller Erfolg für jeden Spieler, aber für die meisten auch fast schon eine lästige Gewohnheit.
Kein Wunder also, dass der beste Bundesliga-Spieler Franck Ribéry - auf den Platz ein genialer Chaot - mit dieser wiederkehrenden Normalität nichts zu tun haben will. Der Franzose fordert quasi wöchentlich neue Weltstars, auch weil er weiß: Echte Erfolge, also die Triumphe, die einen wie ihn unsterblich machen, erringt man nur auf internationaler Ebene.
Blick über die Grenzen
Ein Ribéry wird sich auf Dauer nicht damit begnügen, nur in Deutschland einen Erfolg nach dem anderen zu bejubeln. Der 25-Jährige schaut auf die stärksten Ligen der Welt, in die spanische Primera Divison, wo in diesem Jahr der nahezu unschlagbar wirkende FC Barcelona mit Weltstar Lionel Messi zaubert. Oder er staunt über Manchester United - dort treibt der Weltfußballer Cristiano Ronaldo auf und neben dem Platz sein Unwesen.
Bislang ist Ribéry mit seinem permanenten Wunsch nach neuen Bayern-Weltstars bei Hoeneß, Rummenigge & Co. eiskalt abgeblitzt. Deren Ängste sind offensichtlich: Neue Hochkaräter kosten auch in Zeiten der Finanzkrise jede Menge Geld, zudem sollen auf dem grünen Rasen die Angestellten das nationale Geschäft im Auge behalten. Auf Einmischen in die Transferpolitik steht bei den Bayern normalerweise ein empfindlich hohes Strafmaß.
Klare Worte von Lahm
Dennoch: Über all dem Bayern-Tun und -Handeln schwebt das "Phantom Champions League". Selbst ein Mann wie Phillip Lahm, stets mit beiden Beinen auf dem Boden, will endlich Großes schaffen im europaweiten Fußball-Theater. "Man muss sich punktuell verstärken und Leute mit Weltklasseformat holen", forderte er jüngst seine Vorgesetzten unmissverständlich auf. Wie diese auf Lahms Vorstoß reagieren, bleibt abzuwarten.
Bislang bevorzugt Uli Hoeneß die bescheidene Linie. Als Podolski-Ersatz wurde Ivica Olic (Hamburger SV) verpflichtet. Es gibt die Wechselzusage des Gladbacher Talents Alexander Baumjohann, dann scheint der Ukrainer Anatoli Timoschtschuk sein Kommen zugesagt zu haben. Was mit US-Boy Landon Donovan passiert, steht in den Sternen. Sicher alles gute Spieler, aber keine Garantien dafür, internationale Ambitionen zu befriedigen.
Klinsmann hält die Spannung hoch
Trainer Jürgen Klinsmann bleibt dennoch entspannt. Für ihn ist es in seiner ersten Saison wichtig, dem Alltagsgeschäft zu strotzen, der Gewinn von Meistertitel und DFB-Pokal wird von ihm als selbstverständlich erachtet. "Der VfB auswärts ist ein Hammer-Los", sagt er dann auch, um seine Spieler heiß zu machen. "Die Mannschaft ist darauf eingestellt, dass es einen Pokalfight mit vielen Emotionen geben wird."
Die Bayern sind auf die beiden Auswärtspartien in Stuttgart und Hamburg perfekt vorbereitet. Fünf Testspielsiege gegen allerdings zweit- bis drittklassige Gegner, kaum Verletzte, die nervende Personalie Lukas Podolski endlich geklärt und zudem das Verletzungspech des stärksten Rivalen aus Hoffenheim – eigentlich kann zum Start in die Rückrunde nicht viel schief laufen für den Branchenprimus. Auch wenn die Stuttgarter am Dienstagabend alles tun werden, dem Favoriten schon einmal einen Titel wegzunehmen.
Schwer wird es für die Stuttgarter allemal. Aber wie sagte Bayerns Lahm neulich doch so forsch: "National kann uns keiner etwas vormachen. Wir haben den besten Kader und die beste Mannschaft. Wir können uns nur selbst im Wege stehen." Hochmut kommt vor dem Fall. Oder: Große Träume machen schwere Beine.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
VfB Stuttgart: Lehmann - Osorio, Tasci, Delpierre, Boka (Träsch) - Khedira, Hitzlsperger - Hilbert, Simak - Gomez, Marica
FC Bayern München: Rensing - Lell, Lucio, Demichelis, Lahm - Schweinsteiger, van Bommel, Zé Roberto, Ribéry - Klose, Toni