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Bayern München ist de facto Meister "Das ist der Wahnsinn"

Bayern München kann vorzeitig den 22. Meistertitel feiern. Drei Tore vom Aufsteiger der Saison, dem jungen Thomas Müller, machen es möglich. Jetzt träumen sie vom Triple.
Von Stephan David, München

Die Bayern-Fans waren einfach schneller. Ist ja auch die erste Smartphone-Meisterschaft. Und so brandete urplötzlich mitten in der zweiten Halbzeit an vereinzelten Stellen Jubel auf unter den 69.000 Fans in der Allianz Arena. Radio via Handy, Ergebnis-Ticker, Online-Meldungen, SMS von Kumpels vor dem Fernseher, die sahen, was bei Schalke gegen Bremen passierte.

1:0 für Werder - und das Münchner Stadion tanzte. Es dauerte noch eine Minute bis der Startschuss zum Münchner Party-Nachmittag auch auf der Anzeigetafel verkündet wurde. Dann wusste es jeder. Es war so weit. Bayern führte da schon locker mit 3:0 gegen Bochum. Und kurz darauf noch einmal dasselbe Spiel. Ein Jubel, der sich wie ein Lauffeuer ausbreitet und per Anzeigetafel-Ergebnis zur Explosion kommt - 2:0 für Werder, Schalke war k.o. Da änderte auch das 1:3 der Bochumer nichts mehr. Der FC Bayern ist zum 22. Mal Deutscher Meister. Okay, zu 99,9 Prozent, doch das um 17 Treffer bessere Torverhältnis reicht.

Lahm hat "Gänsehaut"


"Das war unglaublich als die Zuschauer plötzlich gejubelt hatten", meinte Philipp Lahm, "ich hatte auf dem Platz eine richtige Gänsehaut." Nach Abpfiff gingen die Bayern-Profis in beide Fankurven, ein wenig Tanzen im Pogo-Stil, ein paar Mal die Welle. Das war's dann aber auch. Sie haben ja noch viel vor in den nächsten Wochen, der für alle zum Mai ihres Lebens werden soll. Mit dem Wunschziel Triple, der Erfüllung eines Vereinslebenstraums. Und so war es mit Holger Badstuber einem 20-Jährigen vorbehalten, verbal in Feierlaune noch einen rauszuhauen: "Wenn wir die drei Titel holen, können wir unsterblich werden, weil das noch keiner geschafft hat." Dann folgen auch die obligatorischen Weißbierduschen für den Trainer, denen er aber entgehen konnte. Louis van Gaal sollte in den nächsten Tagen mal bei Ottmar Hitzfeld anrufen, wie man das so macht mit dem zweiten (dann besseren) Anzug im Gepäck. Sicher ist sicher.

Einen hat es aber schon an diesem Samstag bei der zarten Feier erwischt in den Katakomben der Allianz Arena. Karl-Heinz Rummenigge berichtete über die Party der Mannschaft: "Die Stimmung in der Kabine ist super." Doch er wirkte etwas angeschlagen, als er sich bei "Sky" den Fragen zum Spiel stellte. Mit einem nassen Anzug, gerade so, als habe er eine Dusche verpasst bekommen. "Das muss ich leider bestätigen", sagte der Vorstandsboss mit zufriedenem Grinsen und verriet den Schuldigen: "Bastian Schweinsteiger ist wieder tätlich geworden."

Van Gaal: Titel hat sehr großen Wert


Van Gaal wurde (noch) verschont. Der Coach meinte zufrieden: "Wir haben das wichtigste Ziel erreicht, die deutsche Meisterschaft. Die ersten 20, 25 Minuten heute waren hervorragend. Das war der beste Fußball, den wir in der Allianz Arena in dieser Saison gezeigt haben. Dann war es nur noch Warten auf Schalke. Für mich hat dieser Titel einen sehr großen Wert. Es gibt nicht viele Trainer in Europa, die das Glück haben, in drei Ländern Meister zu werden. Darauf bin ich sehr stolz. Jetzt wollen wir noch mehr gewinnen. Der FC Bayern ist der beste Verein, bei dem ich bisher gearbeitet habe." Perfekt gemacht hat den Titel einer, der für die Arbeit und die Philosophie von van Gaal steht: Thomas Müller, 20 Jahre jung, letzte Saison noch Stürmer in der zweiten Mannschaft - in der Dritten Liga. Müller macht Bayern zum Meister. An diesem Tag hätte das nicht besser passen können.

Da spielen die Bayern ihr letztes Heimspiel der Saison mit dem Trikot der Zukunft, dem Heimdress der kommenden Spielzeit, und dann trifft Thomas Müller drei Mal. Warum das so passend ist? Erstmals seit den 70er Jahren dürfen die Fans seit Saisonbeginn in der Allianz Arena den Namen "Müller" nach Toren skandieren, beim 3:1 gegen Bochum an diesem Meister-Samstag besonders oft.

Müller ist Aufsteiger der Saison


Denn ab sofort ist Gerd Müller, der legendäre Bomber, allgegenwärtig beim FC Bayern. Der Assistenz-Trainer der zweiten Mannschaft sitzt jedem Spieler buchstäblich im Nacken. Anlässlich des 110-jährigen Vereinsjubiläums ist das Design der neuen Heimdressen an jene Trikots von 1910 angelehnt und soll auch an die erfolgreichen Sechziger- und Siebziger-Jahre erinnern. Das Konterfei von Gerd Müller schmückt den Nacken aller Trikots.

Wie auch die Premieren-Saison von Thomas Müller, dem 20-Jährigen. Er ist der Aufsteiger der Saison. Steht nach seinem Dreier gegen Bochum bei 13 Saisontreffern. "Das ist mein erster Titel, das ist der wunderbarste Tag meiner Karriere", schwärmte Müller, "das ist der Wahnsinn." Trainer Louis van Gaal hatte ihm nach seinem Doppelschlag (18./20.), mit dem er die 2:0-Halbzeitführung besorgte und in der 69. Minute zum dritten Mal traf, vorzeitig runtergenommen - für den Extra-Applaus der 69.000 Fans.

Keine Grenzen gesetzt


"Bei uns fällt soviel Belastung ab, weil wir es endlich geschafft haben", meinte der Mann mit der Nummer 25, "wir haben das ganze Jahr darauf hingearbeitet. Wir sind stolz, dass wir aus der vermeintlichen Krise mit der Mannschaft so gut herausgekommen sind. Der Titelgewinn ist jetzt eine tolle Bestätigung für den Verein und die Mannschaft." Und für ihn. Eine Saison wie ein Traum. Ein kurzer Zeitraffer als Erinnerung. Unter Jürgen Klinsmann war Müller lediglich Minuten-Joker, durfte mal kurz reinschnuppern. Er bekam einen Profivertrag und mit Louis van Gaal genau den richtigen Trainer, der voll auf die Jungen (siehe auch Holger Badstuber, Diego Contento oder David Alaba) setzte. Von Beginn an und bedingungslos. Müllers Weg: Erstes Ligaspiel von Beginn an, erstes Tor. Erstes Champions-League-Spiel von Beginn an, erstes Tor. Das war im Herbst. Mittlerweile ist Müller Stammspieler und hat auch schon sein Länderspiel-Debüt gegeben, in München beim 0:1 gegen Argentinien. Es wäre verwunderlich, sollte Bundestrainer Jogi Löw den Mann vom Ammersee nicht mitnehmen nach Südafrika zur WM.

Vorher sollen noch ein paar Titel gefeiert werden. Nummer eins an diesem Samstagabend. Müller, noch ohne Erfahrung in diesen Dingen: "Wir hatten nichts geplant, aber wenn wir feiern, haben wir uns keine Grenzen gesetzt."

"Sind die Bayern verdienter Meister geworden? Wird es Schalke denn jemals schaffen? Wer hat jetzt die besten Chancen im Abstiegskampf? Diese und andere Fragen können Sie jetzt diskutieren, auf unserer Fußballfan-Seite auf Facebook: der Fankurve 2010"

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