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Bundesliga-Rekordtransfer Ein Sturm fegt durch die Liga: Harry Kane könnte das fehlende Puzzlestück im Bayern-Kader sein

Ein Junge aus dem Norden Londons: Harry Kane wird in Tottenham angehimmelt, nach 19 Jahren verlässt er den Verein in Richtung München.
Ein Junge aus dem Norden Londons: Harry Kane wird in Tottenham angehimmelt, nach 19 Jahren verlässt er den Verein in Richtung München.
© John Walton / DPA
Harry Kane ist der erste Spieler, für den ein Bundesligist über 100 Millionen Euro Ablöse zahlt. Für den FC Bayern München und die Liga ist er ein Gewinn – und offenbart dennoch ein Problem.

Was lange währt, wird endlich gut: Nach wochen-, eigentlich sogar monatelangem Gezerre haben die Bayern einen neuen Star-Stürmer. Harry Kane unterschreibt für vier Jahre an der Säbener Straße und es ist eine Win-Win-Win-Situation: für die Bayern, den Spieler und auch die Liga. 

Wie wichtig mittlerweile eine zentrale Sturmspitze im Fußball ist, hat die vergangene Saison gezeigt. Selten hat man den deutschen Serienmeister so anfällig gesehen wie in der Spielzeit nach dem Abgang von Torgarant Robert Lewandowski. Ex-Coach Julian Nagelsmann verzichtete auf einen zumindest halbwegs gleichwertigen Ersatz, der nach nur einer Saison abgewanderte Sadio Mané war nie der Spielertyp, der einen Lewandowski hätte ersetzen können. Die Folge: Die Bayern hatten Probleme, Tore zu erzielen – und verabschiedeten sich frühzeitig aus Pokal und Champions League. Den elften Meistertitel in Serie feierten sie nur, weil Borussia Dortmund am letzten Spieltag patzte.

Dass die Zeiten von falschen Neunern im Profi-Fußball passé sind, zeigt der Blick in die Kader der Spitzenmannschaften. Barcelona mit Lewandowski, Manchester City mit Erling Haaland, Paris Saint-Germain mit Kylian Mbappé oder die SSC Neapel mit Victor Osimhen – alle amtierenden Meister der großen europäischen Ligen verfügen über mindestens einen Star-Stürmer im Kader. Nur halt die Bayern nicht – bis jetzt. 

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Mit Harry Kane kommt ein Stürmer, der seine Qualität nicht erst in der vergangenen Spielzeit unter Beweis gestellt hat. 213 Tore hat der 30-Jährige alleine in der Premier League für Tottenham Hotspur erzielt, mehr gelangen in der englischen Profi-Liga nur Alan Shearer. Und das bei einem Verein, der zwar immer um die internationalen Plätze mitspielte, nie aber um die großen Titel. "Die Wahrheit ist: Harry Kane hat bereits vor mehreren Jahren den Verein übertrumpft. Nur Harrys Loyalität und die Liebe der Fans haben ihn bei Tottenham gehalten", schrieb Guardian-Journalist und Hotspur-Fan John Crace in seinem Abschiedskommentar. Dass Kane mit 30 Jahren definitiv nicht zum alten Eisen gehört, bewies er in der vergangenen Saison. Mit 30 Toren landete Kane hinter Erling Haaland (36 Tore) auf Rang zwei der Torjägerliste. Und das in einer Saison, in der Manchester City die Liga dominierte und Tottenham mit Rang acht die internationalen Plätze verpasste.

Für Kane selbst könnte mit dem Wechsel nach München der Traum von Trophäen in Erfüllung gehen. Mehr als eine Vizemeisterschaft 2017 und das verlorene Finale der Champions League 2019 stehen nicht in der Vita des Torjägers. Kanes Wechselwunsch rührt auch daher, dass ein Titelgewinn in England mit Tottenham aussichtslos ist – ein ligainterner Wechsel hätte Kane, der seit seinem elften Lebensjahr für Tottenham kickte, nicht übers Herz gebracht. Zumal der Stürmer in München unangefochten gesetzt sein wird. Der in der Vorbereitung verletzte Eric-Maxim Choupo-Moting (34) und Talent Mathys Tel (18) wird hinter Kane nur der Platz auf der Bank bleiben. Kane, das ist zu erwarten, wird auch bei den Bayern eine Führungsrolle übernehmen und das Team verbessern. Nichts anderes ist zu erwarten vom Kapitän und Rekordtorschützen der englischen Nationalmannschaft. Kane ist das eine Saison lang fehlende Puzzlestück im Kader des deutschen Serienmeisters.

Auch die Liga profitiert von dem Wechsel, wenn auch nur bedingt. Die Bundesliga ist in den vergangenen Jahren mehr und mehr zu einem Ausbildungsmarkt für die großen und finanzstarken Vereine aus England und Spanien geworden und wird es aller Voraussicht nach auch bleiben. Erling Haaland, Jadon Sancho, Jude Bellingham, Dominik Szoboszlai oder auch Christopher Nkunku – sie alle verließen die Liga nach nur wenigen Jahren wieder und folgten dem Lockruf des Geldes und bescherten ihren Vereinen hohe Ablösesummen. Dass nun erstmals auch die 100-Millionen-Hürde bei einem Wechsel in die Bundesliga fällt, zeigt, dass zumindest ein Verein auch die finanziellen Mittel hat, mit den großen Namen im Ausland mitzuhalten. Die internationale Fußballwelt wird nun auch wieder verstärkt auf die Bundesliga schauen, denn mit Kane hat die Liga wieder den Superstar, den sie dringend benötigte.

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Ungleichgewicht in der Bundesliga

Hier aber liegt auch das Kernproblem der Liga, denn neben dem FC Bayern München haben nur wenige Vereine der Bundesliga die Möglichkeit, Transfersummen in diese Sphären zu zahlen. Gemeinsam haben die Münchner (150 Millionen Euro) und RB Leipzig (156 Millionen Euro) in diesem Sommer 306 Millionen Euro in neue Spieler investiert. Das entspricht mehr als die Hälfte der kompletten Ablösesummen für Neuzugänge (592 Millionen Euro) der Bundesliga. Nimmt man noch Dortmund (49 Millionen) und Leverkusen (52,5 Millionen) hinzu, haben die großen Vier der Liga mehr als zwei Drittel der Ablösesummen gezahlt. Dass Leipzig so viel investieren konnte, hängt auch mit den Transfererlösen von 240 Millionen Euro zusammen, die Sachsen verbuchen also noch immer ein Plus. Die Ausgaben verteilen sich zudem auf sechs Neuzugänge, die noch am Beginn ihrer Karriere stehen. Die Bayern hingegen können ein Defizit von rund 50 Millionen Euro verkraften – wenn auch mit Bauchschmerzen.

100 Millionen Euro für einen Spieler, dessen Vertrag nur noch ein Jahr läuft, sind sicherlich ungewöhnlich – zumal Kane nicht mehr den Status einen entwicklungsfähigen Talents hat. Jedoch ist der Erfolgsdruck nach einer fast komplett verpatzten Saison in München so hoch, dass Kane das Allheilmittel sein soll, für das man in München bereit ist, viel zu investieren. Es bleibt zu hoffen, dass Kane nicht das gleiche Schicksal erleidet wie Sadio Mané und die Bayern zum zweiten Mal in Folge statt einer Lösung für das Sturmproblem einen millionenschweren Fehleinkauf an die Isar holen.

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