Glück gehabt. Deutschlands junges Perspektivteam hat beim Confed Cup nach einem schlimmen Fehlstart einen wertvollen Punkt gegen Südamerikameister Chile erkämpft. Nach dem 1:1 (1:1) in Kasan würde dem Fußball-Weltmeister bereits ein weiteres Unentschieden am Sonntag im letzten Gruppenspiel gegen Kamerun zum Halbfinal-Einzug reichen. Der starke Gladbacher Lars Stindl sorgte am Donnerstagabend in der 41. Minute nach dem insgesamt schönsten deutschen Angriff mit seinem schon zweiten Turniertreffer für den Ausgleich.
Mit einem Blackout hatte der indisponierte Abwehrchef Shkodran Mustafi vor 38.222 Zuschauern seinem Arsenal-Kollegen Alexis Sanchez in der 6. Minute das Führungstor ermöglicht. "Das muss ich auf meine Kappe nehmen", gestand der Weltmeister, "das war ein Abspielfehler von mir". Der ehemalige Hoffenheimer Eduardo Vargas hätte mit einem krachenden Lattenschuss gegen das anfangs überforderte DFB-Team beinahe sogar für Chiles 2:0 gesorgt (20.). Im Laufe des Spiels konnte die DFB-Auswahl das Spiel aber ausgeglichener gestalten.
Löw muss noch auf 100. Sieg warten
"Ich bin insgesamt schon sehr zufrieden", sagte Bundestrainer Jogi Löw dementsprechend nach dem Match. "Das war ein Spiel auf einem sehr hohen Niveau, natürlich auch mit taktischen Herausforderungen. Wir haben das fast ganze Spiel über gelöst. Natürlich wird so ein Fehler auch mal bestraft. Dieser Fehlpass war nicht unbedingt notwendig, aber die Reaktion der Mannschaft war sehr gut. Wir haben dann den Ausgleich gemacht, das war ein super Angriff von uns. Das war ein Paradebeispiel für das, was wir machen wollten. Die Chilenen hatten nicht viele Chancen. Die Mannschaft hat heute eine sehr große Widerstandskraft bewiesen.
Seine große Wertschätzung für den Südamerikameister hatte Löw bereits in der deutschen Aufstellung dokumentiert. Im 3-4-2-1-System fand sich zunächst kein echter Stürmer wieder, der Gladbacher Stindl übernahm den offensiven Part im deutschen Spiel. Insgesamt gab es in der Startelf wie angekündigt vier Änderungen, darunter auch die Hereinnahme von Barcelona-Keeper Marc-André ter Stegen für den zuletzt glücklosen Leverkusener Bernd Leno.
Neu Münchner Süle behielt Überblick in der Abwehr
Und ter Stegen musste bereits nach sechs Minuten hinter sich greifen. Einen krassen Abspielfehler von Mustafi in die Füße von Sanchez nutzten die Chilenen eiskalt aus. Über Bayern-Star Arturo Vidal gelangte der Ball wieder zu Sanchez, der aus kurzer Entfernung traf und nun mit 38 Länderspieltoren alleiniger Rekordschütze seines Landes ist. "Ich bin natürlich total glücklich, dass ich getroffen habe", kommentierte der Goalgetter seinen neuen Rekord. "Mir ist schon klar, dass das etwas Historisches ist, dieser 38. Treffer."
Zwar hatte Julian Draxler fast im Gegenzug bei einem Distanzschuss die Chance zum Ausgleich (8.), aber in der Folgezeit geriet erst einmal die deutsche Mannschaft unter dem Druck der Chilenen arg in die Bredouille. Vor allem Mustafi und der Dortmunder Matthias Ginter hatten große Probleme. Ein ordentlicher Spielaufbau war kaum möglich, allzu oft gingen die Bälle bereits im Mittelfeld verloren. Einzig der zukünftige Münchner Niklas Süle behielt in der Abwehr den Überblick und stemmte sich gegen die Angriffswucht der Chilenen.
Beste Kombination der Deutschen erfolgreich
Glück hatte die deutsche Mannschaft in der 20. Minute, als der Ex-Hoffenheimer Eduardo Vargas mit einem Distanzschuss nur die Latte traf. Dagegen kam die deutsche Mannschaft nur selten zu gefährlichen Offensivaktionen. Auch, weil Kapitän Julian Draxler zu selten das Spiel an sich reißen konnte. Der im Auftaktspiel gegen Australien noch überragende Schalker Leon Goretzka war diesmal nicht so präsent. So war es der erwartete Härtetest gegen einen der Turnierfavoriten.
Und trotzdem belohnten sich die Chilenen nicht für ihren großen Aufwand. Im Gegensatz: Der erste konstruktive Angriff des Weltmeisters führte gleich zum Ausgleich. Ein sehenswerter Pass von Emre Can setzte Jonas Hector auf der linken Außenbahn in Szene. Die direkte Hereingabe verwertete Stindl im Zentrum mit seinem zweiten Turniertor. Es war zugleich die Belohnung für den Gladbacher, der mit klugen Laufwegen zu gefallen wusste.
Im zweiten Durchgang ließ der Druck der Südamerikaner nach, entsprechend kehrte mehr Ordnung ins deutsche Spiel ein. Die Chilenen waren zwar weiterhin die spielbestimmende Mannschaft, ein Freistoß von Sanchez (48.) und ein Kopfball des unermütlich kämpfenden Vidal (59.) stellten aber keine große Gefahr dar. Auf der Gegenseite war das deutsche Offensivspiel nicht zwingend genug, zu selten kam die DFB-Auswahl in Tornähe. Ein Schuss von Stindl stellte da noch die Ausnahme dar (73.).
Kamerun verspielt Sieg gegen Australien
Deutschlands letzter Gruppengegner Kamerun hatte zuvor den ersten Sieg beim Confederations Cup leichtfertig verspielt, seine Mini-Chance auf das Erreichen des Halbfinals beim WM-Testlauf aber gewahrt. Gegen Australien kam der Fußball-Afrikameister am Donnerstag in St. Petersburg trotz Führung und guter Chancen nur zu einem 1:1 (1:0) und muss am Sonntag gegen das DFB-Team unbedingt gewinnen, um erstmals seit 2003 wieder die Gruppenphase bei einem Confed Cup zu überstehen. Andre-Frank Zambo Anguisssa (45.+1) erzielte im Krestowski Stadion vor 35.021 Zuschauern die Führung für Kamerun. Australiens Kapitän Mark Milligan glich in der 60. Minute per Foulelfmeter aus. Auch die ebenfalls sieglosen Australier haben somit noch die Chance auf das Semifinale, müssen dafür aber ihrerseits Chile schlagen.