Das Wichtigste zum Spiel Löws Supercoup mit schnellen Stürmern

Von Klaus Bellstedt, Danzig
Gegen Griechenland bringt Joachim Löw Reus, Schürrle und Klose von Beginn an. Warum? Und wer ist der gefährlichste Spieler beim Gegner? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Spiel.
stern Logo
stern Logo
Vorsicht vor diesen Griechen!

Alles oder nichts: Die Gruppenphase ist für die deutsche Nationalmannschaft vorbei, in der K.o-Runde geht es jetzt im Viertelfinale gegen Griechenland. Viele rechnen mit einem Geduldsspiel gegen die defensivstarken Hellenen. Aber so muss es nicht kommen. Gelingt dem Team von Bundestrainer Joachim Löw ein früher Treffer, könnte es genauso gut ein lockerer Kick werden. Fakt ist: Griechenland ist nur ganz schwer einzuschätzen. Fünf Fragen und Antworten zum Spiel in Danzig.

1. Warum bringt der Bundestrainer Reus, Schürrle und Klose?

Gegen Griechenland überrascht Löw mit einem personellen Kniff: Der Bundestrainer tauscht fast die komplette Offensive aus und setzt im Viertelfinale auf Marco Reus, André Schürrle und Miroslav Klose von Beginn an. Thomas Müller, Lukas Podolski und Mario Gomez müssen zunächst auf der Bank Platz nehmen. Die Mischung aus schnellem Offensivfußball und konsequenter Arbeit nach hinten in allen Mannschaftteilen will der Bundestrainer aber trotz der vermeintlich offensiveren Aufstellung nicht ändern, "damit man gewappnet ist und nicht im Hurra-Stil nach vorne läuft". Denn genau darauf wartet ja Griechenland. Warum aber bringt Löw dann die drei Neuen? Ein Grund könnten die Laufwege sein. Der Trainer hat viel darüber gesprochen, dass gegen eine kompakte Defensive "intelligent" gelaufen werden muss. Reus und Schürrle sind Spieler, die auch auf engstem Raum viel Tempo entwickeln können und so in den Zwischenräumen anspielbar werden. Auch Klose macht diese Wege. Der Bundestrainer scheint die Griechen also mit Flachpässen und schnellen Sprints müde machen zu wollen. Löw hat seine Mannschaft zudem darauf hingewiesen, dass sie möglicherweise Geduld benötigen wird. Das kann also auch zu einem probaten Mittel werden, um den Abwehrblock der Griechen knacken zu können: "Wenn man statisch steht, wird es sehr schwierig. Wir haben aber sehr gute Lösungen und müssen sie jetzt nur noch umsetzen", sagt Löw.

2. Wer ersetzt bei Griechenland den gesperrten Schlüsselspieler und Kapitän Georgios Karagounis?

Karagounis ist nicht zu ersetzen! Aber da Coach Fernando Santos vermutlich nicht mit zehn Mann gegen Deutschland auflaufen wird, ist der Portugiese gezwungen, seine Mannschaft umzubauen. Nach den Trainingseindrücken der vergangenen Tage spricht vieles dafür, dass Grigoris Makos spielt. Das wäre dann die Variante safety first, denn der Mann von AEK Athen ist ein eher defensiv orientierter Mittelfeldspieler. Zusammen mit Routinier Katsouranis und Ioannis Maniatis könnte Makos dann vor der Viererabwehrkette eine Dreierreihe bilden. Noch mehr Beton also. Das wird ein Spaß. Möglich ist aber auch eine offensive Spielweise mit dem Talent Konstantinos Fortounis aus Kaiserslautern oder dem 22-jährigen Supertalent Sotirios Ninis. Dem haben sie in Griechenland übrigens den Spitznamen "Messi aus Hellas" verpasst.

3. Wer ist der Hoffnungsträger der Hellenen?

Ganz klar: Georgios Samaras. Der Stürmer von Celtic Glasgow ist zwar kein Sprinter, wird aber wegen seiner kämpferischen Einstellung von den Fans verehrt. Das war auch schon in Heerenveen so, wo er einst neben Klaas-Jan Huntelaar ein gefährliches Angriffsduo bildete. Samaras ist groß und deshalb kopfballstark. Er verfügt über ein gutes Auge für seine Mitspieler, ist immer anspielbereit und kann die Bälle in der Spitze wenn nötig auch länger halten. Dieses Spiel hat er vor allem in Schottland gelernt. "Die Rolle hat er zuletzt perfekt interpretiert", sagt Angelos Charisteas, Siegtorschütze im EM-Finale 2004 gegen Portugal. Einziges Manko von Samaras: Mangelnde Torgefahr. Sieben Treffer in 57 Länderspielen lassen die gegnerischen Abwehrreihen und Torhüter nicht gerade erzittern. Dabei greift Samaras vor den Spielen immer zu einem besonderen Trick, um den Durchblick zu haben: Er schmiert sich für den perfekten Halt Schuhcreme in die Haare. Auch schön.

4. Wie stehen die Chancen, dass Mesut Özil wirklich "explodiert"?

Wie erinnern uns gerne: Auch bei der WM 2010 wurde Mesut Özil erst nach der Vorrunde richtig gut. Und jetzt? Gegen Griechenland erwartet der Bundestrainer von seinem Mittelfeldlenker eine Leistungssteigerung. Das hat Joachim Löw unter der Woche klar formuliert. Er sprach von einer "Explosion", die jetzt kommen müsse. Die Vorzeichen stehen, nun ja, so mittel. Özil ist bei diesem Turnier sicherlich bemüht, er läuft viel, bietet sich immer wieder an – doch großartige Impulse konnte er dem deutschen Spiel bisher nicht geben. Von seinen sezierenden Pässen in die Schnittstellen war bisher nichts zu sehen. Erst ein "Assist" steht zu Buche, auch beim 2:1 gegen Dänemark kamen nur 65 Prozent seiner 68 Pässe an. Das war der viertschlechteste Wert aller 14 eingesetzten deutschen Spieler. Özils Laune ist dementsprechend mies. Seine Körpersprache spricht Bände. Plagen den wichtigsten Spieler im deutschen Team etwa Selbstzweifel? Am Dienstag setzte er zum zweiten Mal während des Turniers mit dem Mannschaftstraining aus und arbeitete im EM-Quartier in Danzig individuell. Der Star von Real Madrid wirkt angestrengt und ausgelaugt. Möglicherweise hat Özils schlechte Laune auch damit zu tun, dass er über einen gefälschten Twitter-Account am Sonntag rassistisch verunglimpft worden war. Die Voraussetzungen für eine Leistungsexplosion könnten besser sein.

5. Wird es tatsächlich ein "Heimspiel" für die deutsche Mannschaft?

Als fest stand, dass die Nationalmannschaf als Gruppensieger das Viertelfinale in Danzig bestreiten würde, gab es ein kollektives Aufatmen im DFB-Quartier. Endlich keine strapaziösen Reisen mehr in die brütend heiße Ukraine. Im Fünf-Sterne-Hotel "Dwor Oliwski" wohnt das Team, nur 20 Autominuten von der "PGE-Arena Gdansk" entfernt. Löw spricht deshalb auch von einem "Heimspiel". Aber wird es das auch wirklich? Knapp 42.000 Zuschauer fasst die neue Arena. Es werden 10.000 deutsche Fans zum Viertelfinale erwartet. Die Griechen werden lediglich von 4.000 Landsleuten unterstützt. Es ist die kleinste Fangruppe von allen teilnehmenden Teams bei der EM – was sicherlich auch mit der angespannten wirtschaftlichen Situation im Land zu tun hat. Die große Frage für Freitag lautet: Wie verhält sich die große Masse der neutralen Zuschauer? Beim Spiel zwischen Kroatien und Spanien in Danzig haben sich die Polen selber gefeiert. Ihr Team war zwar längst ausgeschieden, aber die Stimmung war trotzdem bestens. Die Menschen im EM-Mitausrichterland sind den Deutschen wohl gesonnen, aber was sie noch mehr mögen, sind schwache, arme Außenseiter. Griechenland ist der krasse Underdog in diesem Spiel. Die deutsche Mannschaft sollte besser nicht auf einen möglichen "Heimvorteil" in Danzig setzen.

Was tippen Sie für das Spiel gegen Griechenland? Diskutieren Sie mit auf Facebook. In der Fankurve von stern.de.

Von Klaus Bellstedt

PRODUKTE & TIPPS