Ausschreitungen bei der EM Abseits des Platzes zeigt sich der hässliche Deutsche

Es ist makaber: Zur EM 2016 hat der DFB Daniel Nivel, 1998 Opfer deutscher Hooligans, als Gast eingeladen. Derweil machen deutsche Chaoten Jagd auf ukrainische Fans. Die Brandstifter sitzen in Partei-Büros.

Die EM 2016 ist gerade mal drei Tage alt und schon hat sie ihre Unschuld verloren. Bei den schlimmen Gewalt-Exzessen russischer und englischer Hooligans in Nizza hat sich das hässliche Gesicht des Fußballs gezeigt. Und diese Fratze trägt auch deutsche Züge. Dass schwarz-weiß gekleidete Hooligans in der Innenstadt von Lille Jagd auf ukrainische Fans machen und mit der Reichskriegsflagge durch die Straßen ziehen, ist zutiefst beschämend.

In der öffentlichen Wahrnehmung geht dieser Vorfall angesichts der brutalen Wucht der Bilder aus Nizza regelrecht unter. Doch das macht ihn nicht weniger verurteilenswert. Die schlimmen Szenen ereigneten sich just vor jenem Spiel, zu dem der DFB den Daniel Nivel als Gast geladen hatte - jenen ehemaligen französischen Gendarmen, der 1998 während der WM in Frankreich Opfer brutaler deutscher Hooligans wurde und bleibende Behinderungen davontrug. Eine zwar kleine, aber doch versöhnliche Geste, die nun durch das Verhalten ewig gestriger Chaoten mit Füßen getreten wurde. Ein neuerlicher Fall Nivel scheint alles andere als ausgeschlossen.

Populismus in Europa zündelt auch zur EM 2016

Untergraben wird durch dieses Verhalten einiger Fans auch das Bild eines moderneren Deutschlands, das die Nationalelf auf dem Platz gezeigt hat. Haben die, die da die Banner unseliger Zeiten ans Licht zerrten, eigentlich gejubelt über Jerome Boatengs spektakuläre Rettungstat auf der Linie des deutschen Tores? Oder über das 1:0 durch den Moslem Shkodran Mustafi? Oder über den präzisen Pass des Mekka-Pilgers Mesut Özil zum 2:0 durch Bastian Schweinsteiger? Und wenn ja, haben sie wirklich nur den Fußballern in schwarz und weiß zugejubelt und nicht den hochbegabten Landsleuten - ganz gemäß den Äußerungen des AfD-Vizechefs Alexander Gauland, der Boateng zum unerwünschten Nachbarn erklärt hatte?

Es sind solche Äußerungen im speziellen und das Erstarken des Populismus' in ganz Europa im allgemeinen, die Nationalismus und Fremdenhass schüren. Die EM bietet leider die ideale Bühne, dieser Gesinnung mit brutaler Gewalt wieder Ausdruck zu verleihen. Auf diese Art des Terrors waren die französischen Sicherheitsbehörden offensichtlich nicht ausreichend vorbereitet, sie haben jedenfalls Mühe, dem wirkungsvoll zu begegnen. Durch die - verständliche - Konzentration auf mögliche Attentate des Islamischen Staates ist der Hooliganismus zu sehr außer Acht gelassen worden. Frankreich steht nun vor der Aufgabe, dies zu korrigieren, ohne die Zügel an anderer Stelle schleifen zu lassen. Es sieht danach aus, dass Europas großes Fußball-Fest zum Spiegelbild der Zerrissenheit des Kontinents wird.

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