Deutschland zittert vor Portugal und Cristiano Ronaldo. Nach dem verhaltenen Auftritt gegen Frankreich und der verdienten 0:1-Niederlage würde eine weitere Pleite im Spiel gegen den amtierenden Europameister an diesem Samstag (18 Uhr live in der ARD, bei Magenta-TV und im stern-Ticker) schon fast das Vorrunden-Aus bedeuten. Doch einer will davon überhaupt nichts wissen: ZDF-EM-Experte Christoph Kramer.
Dem platzte bei der Vorbesprechung im Studio am Freitagabend irgendwann der Kragen. Der Weltmeister von 2014, der nach einem Knock-out im Finale von Rio verwirrt ausgewechselt werden musste, setzte zu einer motivierenden Rede an, die der Truppe um Manuel Neuer, Joshua Kimmich und Toni Kroos sicher gutgetan hätte. "Ich will auf den Platz", zeigte sich Co-Experte Per Mertesacker sichtlich beeindruckt. "Nach der Rede. Ich will spielen", so der Stammverteidiger der 2014er-WM-Mannschaft.

Christoph Kramer: "Machen uns kleiner als wir sind"
Was Kramer gar nicht einleuchtet: "Wir machen uns ein bisschen kleiner als wir sind." Es sei wichtig, "dass man ein bisschen was ausstrahlt." Es gebe keinen Grund, nicht selbstbewusst aufzutreten. "Wir sind die deutsche Nationalmannschaft", wurde Kramer lebhaft, "wir haben einen Kader, der ist auch besser als der von Portugal."
Und dann kam der Gladbacher erst richtig in Fahrt: "Wir haben jetzt drei Jahre nicht die Ergebnisse geliefert, andere aber auch nicht. Was sollen denn die Italiener sagen, die waren nicht mal dabei [bei der der WM 2018, Anm. d. Red.]. Wir sind jetzt einmal in 120 Jahren in der Vorrunde ausgeschieden und denken: Ach, die Deutschen, hoffentlich überleben wir die Vorrunde. Wir sind die deutsche Nationalmannschaft. Wir haben einen Kader, der ist richtig gut."
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Schon im Vorfeld des Turniers gab es teaminterne Streitigkeiten und eine starke Opposition gegen Trainer Erich Ribbeck. Nach einem 1:1 gegen Außenseiter Rumänien zum Auftakt und anschließender 0:1-Niederlage gegen England, stand Deutschland vor dem letzten Gruppenspiel gegen das bereits qualifizierte Portugal mit dem Rücken zur Wand. Auf diesem Bild ist das dritte Gegentor beim 0:3 gegen eine B-Elf der Portugiesen zu sehen. Titelverteidiger Deutschland schied als Gruppenletzter hinter den "Three Lions" aus. Rumänien scheiterte in der nächsten Runde, Portugal im Halbfinale.
Nicht so verhalten wie Jogi Löw
Nicht nur von Per Mertesacker kam anschließend Anerkennung und Applaus. Eine solche Motivationsrede würde man sich – auch in der Öffentlichkeit – mal von Jogi Löw wünschen. Gegen Frankreich spielten die DFB-Stars so verhalten wie sich ihr Coach in der Regel äußert. Aber vielleicht haben einige Nationalspieler in München ihren alten Kollegen ja im TV gehört und lassen sich begeistern.