Im Fußball geht wieder ein Gespenst um: Geisterspiele. Vorerst haben Bund und Länder beschlossen, die Teilnehmerzahl für überregionale Sport-, Kultur- und vergleichbare Großveranstaltungen deutlich einzuschränken. Künftig dürfen maximal 30 bis 50 Prozent der Platzkapazität genutzt werden. In Innenräumen dürfen es höchstens 5000 Besucher sein und im Freien höchstens 15.000 sein.
Geisterspiele sind damit aber nicht vom Tisch. "Einige Bundesländer werden noch weitreichendere Beschränkungen ergreifen", sagte der designierte neue Bundeskanzler Olaf Scholz nach den Bund-Länder-Beratungen. In Leipzig fand aufgrund der hohen Inzidenzen in Sachsen am vergangenen Wochenende das erste Geisterspiel nach langer Zeit statt. Bayern plant schon für dieses Wochenende mit Geisterspielen.
Doch machen Geisterspiele aus virologischer Sicht überhaupt Sinn? Wie hoch ist eigentlich das Infektionsrisiko in einem Stadion? Professor Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe an der Universität Hamburg, hat eine klare Antwort: Er hält sie nicht für zwingend notwendig. Grundsätzlich seien pauschale Aussagen schwierig, aber "wir haben alle technischen Möglichkeiten, Spiele mit reduzierter Zuschauerzahl sehr sicher zu machen", sagte er dem stern. Wichtig sei es, dass die Fans genug Abstand im Stadion halten können und eine medizinische Maske tragen. Denn die Übertragung durch Aerosole, die sich in der Luft ansammeln wie in geschlossenen Räumen, seien nicht das Problem, sondern die direkte Tröpfchenübertragung bei zu großer Nähe. Und das Risiko könne man durch konsequente Umsetzung von Hygienemaßnahmen minimieren.
Der Weg ins Stadion muss keine Gefahr darstellen
Auch der Weg ins Stadion muss nach Ansicht Schmidt-Chanasits nicht immer eine Gefahr darstellen. Es gelten dort die Regeln wie 3G oder 2G+, etwa für Besuche in Clubs und Kneipen. Grundsätzlich habe er nichts gegen Fußballspiele mit begrenzter Zuschauerzahl einzuwenden. Der Virologe weist zudem einen Effekt hin, den Geisterspiele nach sich ziehen würden. Die Fans träfen sich wieder vermehrt privat, wo die meisten Infektionen stattfinden. Er plädiert daher, lieber "kontrolliert im Freien" Zuschauer zuzulassen, als das sie "unkontrolliert drinnen" im Privaten zusammenkommen.
Aktuell folgt die Politik dieser Erkenntnis. Auch weil sie weiß, dass Geisterspiele das größtmögliche Horrorszenario für den Fußball darstellen. Dabei geht es nicht nur um die fehlende Stimmung, sondern in erster Linie ums Geld. Viele Klubs sind auf die Zuschauereinnahmen angewiesen. Geisterspiele wären finanziell ein Rückschlag in schwierigen Zeiten, auch wenn die entscheidenden Einnahmen aus der TV-Vermarktung stammen. Vorerst ist der Albtraum abgewendet.