Der hauseigene TV-Sender mühte sich nach besten Kräften, eine möglichst gute Stimmung nach außen zu verbreiten. FC-Bayern-TV übertrug bei strahlendem Sonnenschein die Meisterfeier vom Münchner Marienplatz, doch so richtig kam die Party nicht in Gang, obwohl sich Ex-Profi Claudio Pizarro vor der Vorstellung der Spieler als offizieller FC-Bayern-Animateur versuchte. Alles Hey und Ho konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Stimmung beim FC Bayern eher frostig ist. Da mögen die Verantwortlichen noch so sehr vom historischen, zehnten Meistertitel reden. Es fühlt sich trotzdem nach einer unbefriedigenden Saison an nach dem frühen Scheitern im DFB-Pokal und dem Aus in der Champions League im Viertelfinale.
So war die Meisterfeier des ruhmreichen FC Bayern überlagert vom möglichen Abgang Robert Lewandowskis, der seinen Vertrag (läuft bis 2023) nicht verlängern und offenbar das Angebot vom FC Barcelona annehmen möchte, der ihm einen üppigen Drei-Jahres-Vertrag bietet. Zusätzlichen Ärger entfachte die Weigerung von Niklas Süle, beim letzten Spiel in Wolfsburg aufzulaufen. Trainer Julian Nagelsmann hatte es Süle freigestellt, ob er zum Auswärtsspiel mitfahren wolle oder nicht. All das befeuerte die Kritik an Sportvorstand Hasan Salihamidzic, die sich in den vergangenen Tagen verstärkt hatte. Der Vorwurf: Der Sportvorstand betreibe keine gute Transferpolitik. Süle und Lewandowski seien zwei Beispiele für Fehlentwicklungen. Salihamidzic hielt sich schlauerweise auf dem Rathaus-Balkon auch merklich zurück, um mögliche Unmutsbekundungen gegen sich zu vermeiden. Auf der Mannschaftsfeier soll es vereinzelt Pfiffe gegen den Sportvorstand gegeben haben, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".
Uli Hoeneß spricht von Hetzjagden
Dass die Stimmung gereizt ist beim FC Bayern, wurde umso deutlicher, als sich Uli Hoeneß zu Wort meldete. Zu jedem der brennenden Themen hatte der 70-Jährige etwas zu sagen und gab den versammelten Journalisten in den Räumlichkeiten des Rathauses freudig Auskunft über seine Sicht der Dinge. So stellte sich Hoeneß vor Salihamidzic und machte eine "Hetzjagd" aus. Salihamidzic sei "nicht alleine verantwortlich für die Transferpolitik": "Da ist der ganze Verein verantwortlich. Als wir sechs Titel gewonnen haben, habe ich keinen gehört, der gerufen hat: 'Hasan, Hasan!' Jetzt, wo wir die Champions League nicht gewinnen, ist er allein verantwortlich. Das kann nicht sein."
Seine Meinung zu Lewandowski: "Ich bin da sehr zuversichtlich, dass wir mit Robert Lewandowski eine gute Saison haben werden", sagte er. Um am Ende der Weisheit letzten Schluss zu liefern: "Es geht doch nur um Kohle – und sonst gar nichts."
Der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn versuchte wie einst Bundeskanzler Schröder, ein Machtwort in der Angelegenheit zu sprechen: "Diesen Alarmismus kennen wir aus der Vergangenheit. Das ist nicht etwas, was uns Kopfzerbrechen bereitet. Wir haben dem Berater ein Angebot unterbreitet. Er hat dieses Angebot abgelehnt. Das ist sein gutes Recht. Fakt ist: Er hat einen Vertrag, diesen wird er erfüllen. Basta!“
Wie hart dieses "Basta" tatsächlich gemeint ist, wird sich zeigen. Bietet der FC Barcelona genug Ablöse, dürfte Lewandowski trotz der markigen Ankündigungen weg sein. Kahn wird von der DPA auch mit diesem Satz zitiert: "Jetzt muss man einfach in aller Ruhe schauen, wie sich das weiter entwickelt." Das klang nicht mehr ganz so kompromisslos. Die Anhänger auf dem Marienplatz taten ihre Meinung kund und skandierten "Lewa bleib".
Der Fall Süle taugt als Stimmungsbarometer beim FC Bayern
Zur Reiz-Stimmung in den vergangenen Tagen und Wochen hat auch der Fall Süle beigetragen. Hoeneß zur Entscheidung des Nationalspielers, auf das Wolfsburg-Spiel zu verzichten: "Wenn er von Wertschätzung spricht, dann würde ich sagen, hat er dem Verein keine Wertschätzung gegeben. Ich fand diese Aktion katastrophal", sagte Hoeneß.
Zum Hintergrund: Süle war ursprünglich nicht im Kader vorgesehen, weil Nagelsmann im letzten Spiel jüngeren Spielern eine Chance geben wollte. Das war bei Süle, der sich zu Borussia Dortmund verabschiedet, nicht gut gekommen. Nachdem sich Marcel Sabitzer verletzt hatte, war ein Platz frei für Süle. Nagelsmann verzichtete auf eine Anweisung und stellte dem Nationalspieler frei, ob er mitkommen wollte oder nicht. Süle lehnte ab.
Auch der Weggang von Sympathieträger Süle wird Salihamidzic angekreidet. Süle hatte eine Vertragsverlängerung abgelehnt, mutmaßlich weil der FC Bayern nicht bereit war, auf dessen Gehaltsforderungen einzugehen. So geht Süle im Unfrieden. Auch das ist nach der mäßigen Saison ein Stimmungsdämpfer.