Viel Lob für den siegreichen FC Sevilla und viel Lob für das unterlegene Espanyol Barcelona. Ronald Reng (Financial Times) hebt das Besondere und die Qualitäten der beiden Finalisten hervor: "Diese beiden Klubs wissen genau, was sie tun. Weil es taktisch besser war - und nicht, weil Miroslav Klose mit Bayern München verhandelte - schlug Espanyol Bremen im Halbfinale. Systematisch setzt es auf die eigene Ausbildung, sieben Spieler aus der eigenen Zucht standen beispielsweise in der Elf gegen Werder, wo gibt es das heute noch? Der Fußball jedoch erinnert sich nicht gerne an Verlierer. So ist das Modell, das nun herumgezeigt wird, jenes des FC Sevilla. Das taktische Detail wird in Sevilla nicht weniger gepflegt als bei Espanyol. Für jeden Gegner verändert Trainer Juande Ramos radikal Stil und Aufstellung. Das wirklich Erstaunliche ist, dass Sevilla kühl alle Spieler, die schon wie Stars aussahen für Wahnsinnssummen verkaufte, damit finanziell gesundete, und trotzdem die Mannschaft immer besser wurde. Es liegt an den Wundern von Monchi. So taufte El País all jene vermeintlich gewöhnlichen Spieler, die Sevillas Sportdirektor Monchi aus allen Winkeln der Welt anschleppt. Der globale Markt ist überschwemmt von ordentlichen Spielern, die Kunst ist, diejenigen mit gewissem Extra zu erkennen. Monchi hat, wie es im Englischen heißt, the touch. Das Gespür."
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Matti Lieske (Berliner Zeitung) zollt den Teams seine Anerkennung: "Der Boden war tückisch, der Ball glitschig, was seine Kontrolle und das schnelle, direkte Spiel nach vorn, das beide Mannschaften so versiert beherrschen, zu einer komplizierten Angelegenheit werden ließ. Dass es trotz dieser Bedingungen dennoch immer wieder mitreißende Spielzüge, technische Feinheiten und kleine Zirkusnummern zu bestaunen gab, unterstrich die große Klasse der Finalisten."
Ferner analysiert Lieske die traditionelle Stärke der spanischen Klubs im Uefa-Pokal: "Das bärenstarke Auftreten der Spanier im Uefa-Pokal war beileibe kein Novum, weder für die jüngere Zeit noch für die frühen Tage des Europacups. Bereits Anfang der Sechzigerjahre standen sich im Messepokal, dem Vorläufer des Uefa-Cups, dreimal spanische Teams im Finale gegenüber. In Spanien ist diese, anders als in Beckenbauers Deutschland, keineswegs vom Ruch des Verlierertums umweht." Reng schreibt uns deutschen Kollegen sein Fazit hinter die Ohren: "Die Ignoranz, mit der viele deutsche Medien den Uefa-Cup kleinreden, ist unpassend. Es ist nur zu hoffen, dass der deutsche Profifußball diesen Wettbewerb aufgeschlossener als viele Berichterstatter verfolgt hat, denn der FC Sevilla - ein Weltklasseteam - und das unterlegene Espanyol Barcelona sind Vorbilder dafür, dass Konzepte und Klugheit sogar im Fußball zum Erfolg führen können."
Andreas Bernard (SZ-Magazin) will die Abwertung des Uefa-Cups in den letzten Jahren nicht auf sich beruhen lassen: "Das Schicksal des Uefa-Cups hat nicht allein mit fußballpolitischen Gründen zu tun; in seiner Wandlung wird auch die grundlegende Änderung Europas in den letzten fünfzehn Jahren deutlich. Ähnlich wie beim Eurovision Song Contest, dessen Teilnehmerfeld mittlerweile durch Qualifikationsrunden ermittelt werden muss, zeichnet sich im Uefa-Cup die Verästelung des Kontinents nach dem Ende der jugoslawischen und sowjetischen Nationengebilde ab. Allein diese beiden Länder zerfielen in derzeit sechzehn Einzelstaaten, und die Aufstockung des Uefa-Cups von ehemals 64 auf heute 132 Mannschaften ist ein Effekt dieser Entwicklung. Kaum auszusprechende oder zu lokalisierende Vereinsnamen gab es im Uefa-Pokal immer schon. Doch in den Siebziger- und Achtzigerjahren hätte man keine herablassenden Zeitungsserien produziert über Clubs wie Marek Stanke Dimitrov aus Bulgarien, FC Arges Pitesti aus Rumänien oder das ungarische Team von Videoton Szekesfehervar, das 1985 sogar das Finale erreichte. Diese Namen waren ebenso respektierte, wenn auch nicht immer gleichwertige Gegner. Dem offenen, aber ökonomisch und kulturell weiterhin zweigeteilten Europa gelten sie nur noch als 'erbärmliche' Auffüllung des Wettbewerbs. Sportlich mag der Uefa-Cup seine Bedeutung eingebüßt haben - als Abbild der politischen Hierarchien Europas ist er genauer denn je."