Nach der Verpflichtung von Julian Nagelsmann als neuer Trainer vom FC Bayern München werden alle Fußball-Schlaumeier der Republik sagen: "War ja klar, dass der kommt." Und so ganz unrecht haben sie nicht. Der 33-Jährige ist schließlich seit Jahren als zukünftiger Bayern-Trainer gehandelt worden. Seine Karriere mit den Stationen Hoffenheim und Leipzig war so gesehen eine Art Ausbildung mit dem einen Ziel, irgendwann einen der attraktivsten Trainerjobs im Fußball überhaupt zu ergattern. Und so ist es nun gekommen.
Dass Nagelsmann viel schneller als gedacht Chefcoach an der Säbener Straße wird, hat mit überraschenden Entwicklungen zu tun, die vor Monaten nicht vorhersehbar waren. Genau genommen begann es am 17. November 2020 im spanischen Sevilla. Dort unterlag die deutsche Nationalelf Spanien mit 0:6 Das historische Debakel markierte den Anfang vom Ende Joachim Löws als Bundestrainer, der nach der EM zurücktreten wird.
Mit der Rochade leben alle gut
Schnell wurde Hansi Flick zum Nachfolge-Kandidaten Nummer eins ausgerufen. Der wiederum ließ ebenso zügig durchblicken, dass er mit großer Freude zum DFB zurückkehren würde. Der lange schwelende Konflikt mit Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic trug ein Übriges zu der Entwicklung bei.
So ergab sich eine wundersame Rochade, mit der alle Beteiligten gut leben können. Für die Bayern und Salihamidzic ist die schnelle und geräuschlose Lösung mit Nagelsmann sogar ein Coup. Insbesondere der Sportdirektor hat bewiesen, dass er im Sinne des Vereins zügig intelligente Lösungen findet. Der Manager war von Fans massiv kritisiert und übel beschimpft worden, nachdem der überaus beliebte und erfolgreiche Flick seinen Abschiedswunsch kundgetan hatte.
Sehen Sie im Video: Julian Nagelsmann wird neuer Bayern-Trainer – "an großartige Erfolge anknüpfen".

Auch Nagelsmann wird für Bayern München Titel holen
Mit der Verpflichtung Nagelsmanns dürfte die deftige Kritik schnell verstummen, und der Sportdirektor ist einen Rivalen und Kritiker los. Weitere Nebeneffekt: Wilde Spekulationen über Nachfolge-Kandidaten wird es nicht geben. Die erschöpften Bayern können die Saison in Ruhe zu Ende spielen und Flick darf noch einmal eine deutsche Meisterschaft feiern. Zudem schwächen sie in gewohnter Art den aktuell stärksten Konkurrenten. Denn neben Nagelsmann kommt Innenverteidiger Upamecano nach München. Sportlich macht die Verpflichtung von Nagelsmann ebenfalls Sinn, daran bestehen sowieso keine Zweifel. Nagelsmann wird die Bayern, so darf man vermuten, genauso zu Titeln führen wie seine Vorgänger Flick, Kovac, Guardiola oder Heynckes.
Und der Trainer-Ablöse-Weltrekord von geschätzten 25 Millionen Euro? Die Summe ist in dieser Höhe ungewöhnlich, zumal in knappen Corona-Zeiten. Sie zeigt, wie sehr die Bayern die Fähigkeiten des jungen Trainers einschätzen und welch hohe Bedeutung sie der Verpflichtung beimessen. Einerseits. Andererseits passen sie sich nur an eine neue Entwicklung an. Hochgehandelte Trainer haben sich eine neue Machtposition erarbeitet. Für sie werden immer häufiger Ablösesummen gezahlt, um sie aus Verträgen herauszukaufen. Ein Talent wie Nagelsmann ist überall begehrt. Gladbach kassiert für Marco Rose fünf Millionen Euro vom BVB und zahlt für Adi Hütter siebeneinhalb Millionen Euro an Frankfurt. So gesehen haben die Bayern die Zeichen der Zeit erkannt – und schnell und klug gehandelt.