Nach der Entwarnung bei Patient Arne Friedrich und einer intensiven Spezialschulung für seine Notabwehr blickt Joachim Löw entspannter auf den Start in die EM-Qualifikation - doch Kapitän Michael Ballack warnte vor zu großer Euphorie. "Man muss von der Wolke, auf der einige schweben, wieder runter. Jetzt ist wieder harte Arbeit angesagt. Vom Erfolg der WM können wir uns nichts mehr kaufen", erklärte der zurückgekehrte Chef der deutschen Fußball- Nationalmannschaft zwei Tage vor der vermeintlichen Pflichtaufgabe in Stuttgart gegen Irland.
Der Neu-Engländer Ballack wies nach seiner ersten Rückkehr zum DFB-Team nach der rauschenden Weltmeisterschaft vor allem seine jungen Kollegen auf die völlig andere Aufgabe hin, die es in den Gruppenspielen gegen Irland, Tschechien, Slowakei, Wales, Zypern und am kommenden Mittwoch in San Marino zu bewältigen gilt: "Das sind unbequeme Spiele, da zählen wieder die Ergebnisse. Jetzt geht es wieder darum, die Punkte einzufahren." Und das wird schon am Samstag (20.45 Uhr/ARD) im ausverkauften Daimler-Stadion keinesfalls ein Selbstläufer, zumal der WM-Dritte mit "erheblichen Problemen in der Defensive" kämpfen muss, wie Ballack deutlich hervorhob.
"Torsten und ich müssen da helfen"
Wenigsten meldete sich Arne Friedrich nach einem Magen-Darm-Infekt auf dem Trainingsplatz zurück, nach dem Ausfall von gleich vier Innenverteidigern soll der Berliner gemeinsam mit seinem Mainzer Namensvetter Manuel die zentrale Abwehr bilden. "Arne geht es dementsprechend gut, er hat sehr gute Fortschritte gemacht", bestätigte Löws Assistent Hans-Dieter Flick dem Herthaner die Einsatzbereitschaft für das erste Qualifikationsspiel einer deutschen Nationalelf seit dem 11. Oktober 2003. Damals wurde in Hamburg Island mit 3:0 geschlagen.
Der Bundestrainer persönlich bereitete am Donnerstag die Notabwehr mit Philipp Lahm auf der rechten Seite und Marcell Jansen links mit einer intensiven Praxisschulung auf den Ernstfall gegen die Iren vor, gegen die mehr als 27 Jahre kein Sieg mehr gelungen ist. "Flache Bälle, schnelles Spiel, Bewegung ohne Ball", verordnete Löw seinem Personal. Im Training stellte er den "doppelten Friedrich" sowie die Mittelfeld-Zange Torsten Frings und Michael Ballack gegen die Offensivkräfte um Miroslav Klose und Lukas Podolski. Vor allem Manuel Friedrich, der gerade mal 45 Minuten Länderspiel-Erfahrung hat, widmete Löw viel Zeit. "Speziell Torsten und ich müssen da helfen", kündigte Ballack für sich selbst ein ähnlich defensiv ausgerichtetes Spiel wie bei der WM an.
Löw hofft auf Blitzstart
Der Bundestrainer warnte davor, den Gegner an seiner jüngsten 0:4-Heimpleite gegen die Niederlande zu messen. "Ich kann mir die Iren sehr gut in einer veränderten Formation vorstellen. Sie werden versuchen, eher kämpferisch als spielerisch zum Erfolg zu kommen", betonte der Bundestrainer. Er erwartet die "typisch britischen Tugenden" wie Kopfball- und Abwehrstärke. Und die erfahrenen Offensivkräfte Damien Duff (Newcastle United) und Robbie Keane (Tottenham Hotspurs) können mit wenigen Kontern eine uneingespielte Innenverteidigung durchaus in Probleme stürzen. "Wir müssen gewisse Sachen automatisieren", bemerkte Löw.
"Da bin ich guter Dinge, das harmoniert schon ganz gut", verteilte Assistenztrainer Flick bereits erstes Lob an den neuen Defensiv-Verbund, in dem der zusätzlich berufene Alexander Madlung nur der Notnagel ist. Der Wolfsburger war am Donnerstag von den Abwehr-Übungen komplett ausgeschlossen. "Wir haben ja noch zwei Tage Zeit", sagte Flick. Auf viele Prüfungen der neu zusammengestellten Abwehr-Kette gegen die Iren will es sein Chef Löw am liebsten gar nicht ankommen lassen, er hofft vielmehr auf die eingespielte WM-Offensive: "Wir wollen den Schwung vom Schweden-Spiel aufnehmen." In Gelsenkirchen hatte es schon nach acht Minuten 2:0 gestanden - auf einen ähnlichen Blitzstart setzt der Bundestrainer gegen die Iren.
Schuh-Streit beendet
Gerade noch rechtzeitig vor dem Start in die EM- Qualifikation ist der Schuh-Streit der deutschen Nationalspieler mit dem DFB mit einem Kompromiss beendet worden. Die Vorreiter Jens Lehmann und Miroslav Klose haben das seit Jahrzehnten geltende Monopol des DFB-Ausrüsters adidas zu Fall gebracht und dürfen schon am Samstag gegen Irland in den Schuhen ihrer Wahl auflaufen. Der DFB dokumentierte zugleich seine auch zukünftig enge Verbundenheit mit dem Herzogenauracher Sportartikelhersteller mit der Ankündigung, den ohnehin langfristigen Vertrag vorzeitig um weitere vier Jahre bis zur übernächsten Weltmeisterschaft 2014 in Südamerika zu verlängern.
Die voraussichtliche Aufstellung:
Lehmann - Lahm, Arne Friedrich, Manuel Friedrich, Jansen - Schneider, Frings, Ballack, Schweinsteiger - Klose, Podolski
DPA/kbe