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Menschenrechte im WM-Land Der verlogene Schein zwischen Fifa-Aussagen und brutaler Realität: RTL zeigt Doku über Schwule aus Katar

Homosexualität in Katar – RTL-Doku
Sehen Sie im Video: Homosexuelle über ihr Leben in Katar – "Wir haben große Angst vor Bestrafung und Tod!" | RTL zeigt die komplette Reportage „Rote Karte statt Regenbogen – Homosexuelle in Katar“ in der Nacht auf den 23. Juni um 0:20 Uhr.
Videoquelle: RTL.de

Bei der Fußball-WM in Katar soll auch LGBTQ+-Gemeinde willkommen sein und queere Menschen brauchen angeblich keine Benachteiligungen zu fürchten. Wie brutal sie in dem Land tatsächlich unterdrückt werden, zeigt eine sehenswerte RTL-Doku.

Am Ende der RTL-Dokumentation über schwule Männer und ihre Unterdrückung in Katar wählt Nasser Mohammed eine große Metapher, um den ganzen Widerspruch auf den Punkt zu bringen. Soll man tatsächlich zu einer Fußball-Weltmeisterschaft in ein Land reisen, das auf so eklatante Weise zahlreiche Menschenrechte missachtet? Es geht dabei nicht nur um die bis zu 15.000 Gastarbeiter, die sich auf katarischen Baustellen zur Errichtung von WM-Stadien zu Tode geschuftet haben. Es geht auch um Frauenrechte und den Umgang mit Homosexualität. In Katar drohen bis zu sieben Jahre Gefängnis, wenn man der gleichgeschlechtlichen Liebe frönt. Schwule, Lesben und queere Menschen werden in dem Emirat brutal unterdrückt, während die Fifa-Propaganda von einer "offenen WM für alle" spricht.

Um die Situation zu verdeutlichen, vergleicht Mohammed die WM mit einer Party, zu der man eingeladen ist. Die Feier findet in einem Haus statt, "in dem ständig Kinder missbraucht werden. Jeder darf kommen und seine Kinder mitbringen. Alle dürfen machen, was sie wollen, sogar auf den Tischen tanzen. Nur die Kinder, die in dem Haus wohnen, sind unten im Keller und dürfen nichts, weil sie sonst bestraft werden. Jetzt, wo ihr wisst, dass die Kinder missbraucht werden: Wollt ihr zur Party kommen?"

Gespräche waren nur anonym und streng geheim möglich

Mohammed gilt als erster Katarer, der sein Schwulsein öffentlich machte. Allerdings lebt der Arzt sicher in San Francisco in den USA und nicht in Doha, der Hauptstadt des Emirats. Dort sollte man solche Sätze nicht öffentlich äußern, wie die RTL-Dokumentation "Rote Karte statt Regenbogen – Homosexuelle in Katar“ eindringlich zeigt. Die Reporter Timo Latsch und Jonas Gerdes haben sich mit Schwulen aus Katar unterhalten – anonym im Ausland, um die Männer, die noch in Katar leben, nicht zu gefährden.

RTL-Doku "Rote Karte statt Regenbogen – Homosexuelle in Katar“

RTL sendet die Dokumentation am 23. Juni um 0.20 Uhr im Rahmen eines Nachtjournal Spezials. Sie ist Teil der "Woche der Vielfalt", in der RTL Deutschland vom 20. bis 26. Juni das Thema LGBTIQ+ in den Mittelpunkt stellt. Timo Latsch, einer Autoren der Doku, sagt: "Für mich steht Fußball vor allem für Spaß, Fairness und Vielfalt: Das Regime in Katar tut dies nicht. Deshalb möchte ich als Mitglied der LGBTIQ+-Familie diese Fifa-WM nicht unterstützen und werde zum ersten Mal seit 2006 nicht als Sportreporter vor Ort sein, um über Fußball zu berichten."

Ein "genaues Bild der queeren Communitiy" in Katar existiert nicht, wie die Reporter berichten. Nicht mal Menschenrechtsorganisationen kennen die Szene, offizielle Zahlen des Staates existieren nicht: "Vieles findet im Verborgenen statt."

So viel weiß man allerdings: Die Unterdrückung der Schwulen ist alltäglich und die Aussagen der Zeugen bestätigen das auf eindringliche Weise. "Wir haben große Angst vor Bestrafung und Tod, denn was wir in unserer Jugend immer wieder gelernt haben, ist, dass Schwulsein eine Verirrung ist, nichts Natürliches", erzählt ein 32-Jähriger über die Situation in dem arabischen Land. "Es ist gegen Gott, gegen Allah, und die Gesellschaft und die Regierung bekämpfen uns auf ganz unterschiedliche Art. Die Polizei kann theoretisch jederzeit auftauchen und dich an einen geheimen Ort bringen. Sie könne psychische und physische Folter anwenden, wenn sie wollen. Sie beschlagnahmen alle deine persönlichen Gegenstände und durchsuchen dein Handy, schüchtern dich ein und schikanieren dich", berichtet er.

Transfrau schildert Schikanen durch die Polizei

Faisal, eine Transfrau, schildert die Schikanen bei der Einreise und die Willkür der Grenzpolizei: "Einmal habe ich zwei Tage in einer Polizeizelle verbracht, weil ich etwas in das Land gebracht haben soll, von dem sie sagten, es sei illegal. Am Ende ließen sie mich ein falsches Geständnis unterschreiben." Einmal rasierte die Polizei ihr den Kopf kahl.

Die Statements der Offiziellen wie etwa Nasser Al Khater, Chef des WM-Organisationskomitees, klingen im Vergleich zur brutalen Realität in dem Land umso scheinheiliger und Ankündigungen wie "Die LGBTQ+-Gemeinde ist willkommen" hören sich kaum glaubwürdig an. Da können Fifa-Präsident Gianni Infantino ("Jeder ist willkommen, jeder ist sicher") und Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann ("Wird eine gigantische WM"), noch so sehr die heile Welt einer Fußball-WM beschwören, die sich ganz der friedlichen Völkerverständigung verschrieben hat. Mit der Realität der queeren Gemeinde in Katar hat das nichts zu tun.

Homosexualität in Katar – RTL-Doku

Der Verdienst der RTL-Reporter ist es, dass sie zum ersten Mal mit katarischen Schwulen gesprochen haben, und nicht nur über sie. So wird die Vorstellung etwas konkreter, wie groß das Leid tatsächlich ist. Offenbar haben die Aussagen auch Eindruck auf Oliver Bierhoff gemacht, den Manager der deutschen Nationalmannschaft. Auch ihn bekamen Latsch und Gerdes vor die RTL-Kamera. Bierhoff zeigt sich nachdenklich, sogar betroffen, und man ahnt, dass Bierhoff, je näher die WM rückt, schwant: Eine WM in Katar war vielleicht doch keine so gute Idee.

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