Der spanische Fußballverband RFEF hat Verbandschef Luis Rubiales nach dessen Kuss-Attacke auf Nationalspielerin Jenni Hermoso zum Rücktritt aufgefordert. Nach einem Treffen der RFEF-Regionalpräsidenten hieß es am Montagabend in einer Mitteilung, diese forderten Rubiales' "sofortigen" Rücktritt nach dessen "inakzeptablen Verhaltens". Die spanische Staatsanwaltschaft kündigte indes Vorermittlungen an - sie wolle prüfen, ob es sich um einen "sexuellen Übergriff" handeln könnte. Die Vereinten Nationen bedauerten, dass es im Sport immer noch "Sexismus" gebe.
Der erzwungene Kuss habe "dem Image des spanischen Fußballs schweren Schaden zugefügt, die Präsidenten fordern Rubiales auf, sofort von seinem Amt als Präsident des RFEF zurückzutreten", erklärten die Regionalpräsidenten. Gleichzeitig forderten sie "eine Umstrukturierung in den strategischen Positionen des Verbandes, um den Weg frei zu machen für eine neue Etappe im Management des spanischen Fußballs", hieß es.
"Dem Image des spanischen Fußballs schweren Schaden zugefügt"
RFEF-Präsident Rubiales hatte nach dem WM-Triumph der Spanierinnen in Sydney am 20. August vor den Augen eines Millionen-Publikums Hermosos Kopf mit beiden Händen festgehalten und sie auf den Mund geküsst. Das übergriffige Verhalten hatte international Empörung ausgelöst.
Die Staatsanwaltschaft des höchsten Strafgerichts in Spanien erklärte, sie werde untersuchen, ob es sich bei dem Vorfall um einen "sexuellen Übergriff" handeln könnte. Sie rief Weltmeisterin Hermoso auf, sich binnen der nächsten 15 Tagen mit ihr in Verbindung zu setzen, um sich über ihre Rechte als Opfer zu informieren und gegebenenfalls Anzeige zu erstatten.
Am Samstag hatte der Fußball-Weltverband Fifa den 46-jährigen Rubiales für zunächst 90 Tage suspendiert. Seit Montagmittag beriet das spanische Sportgericht TAD zudem über eine von der Regierung beantragte weitere Sperrung des Verbandschefs.
Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich
Nun haben sich auch die Vereinten Nationen kritisch gegenüber Luis Rubiales geäußert. "Wie schwierig ist es, jemanden nicht auf die Lippen zu küssen?", sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stephane Dujarric, am Montag in New York. Er sehe "keinen Hinweis darauf", dass der Kuss von Rubiales auf den Mund der Spielerin Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung nach dem gewonnenen WM-Finale einvernehmlich gewesen sei, so Dujarric weiter. "Es gibt weiterhin ein kritisches Problem des Sexismus im Sport und wir hoffen, dass die spanischen Behörden und die spanische Regierung dieses Problem auf eine Weise angehen, die die Rechte aller Sportlerinnen respektiert".
Rubiales' Mutter trat unterdessen aus Protest gegen die massive Kritik an ihrem Sohn in einen Hungerstreik. Angeles Béjar begann am Montag ihre Protestaktion in der Divina-Pastora-Kirche im südspanischen Küstenort Motril, wie ein Familienmitglied vor dem Gotteshaus zu Journalisten sagte. Sie wolle so lange die Nahrung verweigern, bis Hermoso "die Wahrheit" über den Vorfall nach dem WM-Sieg der spanischen Frauen-Nationalmannschaft sage.
Rubiales' Mutter im Hungerstreik
Rubiales leide unter "Schikane, die nicht fair ist", sagte die Cousine von Rubiales, Vanessa Ruiz Béjar. Er sei Opfer einer Vorverurteilung. "Wir wollen, dass Jenni die Wahrheit sagt, denn sie hat ihre Aussage drei Mal geändert", sagte Ruiz Béjar. Rubiales hatte versichert, der Kuss sei "gegenseitig, euphorisch und einvernehmlich" gewesen.
Die 33-jährige Hermoso wies das zurück. Sie habe "niemals" in den "übergriffigen" Kuss eingewilligt, erklärte sie am Freitag. Sie fühle sich vielmehr als Opfer eines "sexistischen Akts".
Das Gericht erklärte, die Vorermittlungen erfolgten mit Blick auf die "eindeutigen" Aussagen Hermosos, dass es sich nicht um einen einvernehmlichen Vorgang gehandelt habe. Um das Verfahren vorantreiben zu können müsse "die Geschädigte oder ihr Rechtsbeistand Anzeige erstatten" oder die Staatsanwaltschaft Klage erheben, hieß es weiter. Sollte Hermoso den Verbandschef nicht anzeigen, werde es für die Staatsanwälte allerdings "schwierig", erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Justizkreisen.