Uefa-Pokal-Schlacht Toni rettet Bayern vor Debakel

Oliver Kahn hatte Tränen in den Augen, die Spieler von Getafe lagen wie zerstört am Boden: In einer hoch dramatischen Partie schoss Luca Toni die Bayern mit einem Doppelpack in der Verlängerung ins Halbfinale des Uefa-Cups. Gegen zehn Spanier sahen die Bayern lange wie der sichere Verlierer aus.

Mit einer unglaublichen Aufholjagd und zwei späten Toren von Luca Toni hat der FC Bayern München einen blamablen K.o. im Uefa-Pokal abgewendet und sich die Chance auf drei Saisontitel erhalten. Eine Woche nach dem 1:1 aus dem Hinspiel erkämpfte der designierte deutsche Fußballmeister beim Madrider Vorstadt-Club ein 3:3 (1:1, 1:0) nach Verlängerung und zog ins Halbfinale ein. Weltmeister Toni traf in der 115. und 120. Minute und drehte damit ein schon verloren geglaubtes Spiel. Durch Javier Casquero (91.) und Braulio (93.) war der Europacup-Neuling in der Extra-Spielzeit mit 3:1 in Führung gegangen. In der Vorschlussrunde treffen die Münchner am 24. April und 1. Mai auf Leverkusen-Bezwinger Zenit St. Petersburg.

Wie schon beim 1:1 vor einer Woche in München wurden die Bayern zunächst durch ein Tor von Cosmin Contra (44.) geschockt. Vor 16.000 Zuschauern im ausverkauften Coliseum Alfonso Perez, darunter Spaniens König Juan Carlos und Kronprinz Felipe, brachte Franck Ribéry (89.) den ideenlosen Bundesliga-Tabellenführer in die Verlängerung.

Bayern wurden hohen Ansprüchen nicht gerecht

Ihren hohen Ansprüchen ("Unser Ziel ist das Finale in Manchester") wurden die Bayern zu keiner Phase gerecht und präsentierten sich bei ihrer Reifeprüfung in kläglichem Zustand. Als die Spanier nur noch zu zehnt waren, machte sich Ratlosigkeit in Reihen des deutschen Rekordmeisters breit, der trotz 70 Prozent Ballbesitz den Gegner nicht in den Griff bekam. Toni und Miroslav Klose, der Lukas Podolski wieder aus der Startelf verdrängt hatte, erhielten aus dem Mittelfeld kaum verwertbare Anspiele.

In einer turbulenten Anfangsphase hätte der FC Bayern für klare Verhältnisse sorgen können. Nach gerade einmal 35 Sekunden erkämpfte Klose den Ball gegen de la Red und passte in die Mitte auf Ribéry, doch der Schuss des Franzosen war zu schwach. Aber auch der erste Warnschuss der Gastgeber durch Contra (2.) ließ nicht lange auf sich warten. Dann jagte Ribéry (8.) einen Freistoß aus 18 Metern an den Pfosten. Unmittelbar zuvor hatte de la Red nach einem harmlosen Rempler gegen den spektakulär fallenden Klose die Rote Karte vom wenig souveränen Schweizer Schiedsrichter Massimo Busacca gesehen.

Für Lethargie bestraft

Der Platzverweis brachte jedoch eher die Münchner aus dem Konzept als die Spanier, die wenig später auch noch ihren gefährlichsten Angreifer Ikechukwu Uche wegen einer Muskelverletzung verloren. In Überzahl ließen die Bayern plötzlich die nötige Dynamik und den Schwung vermissen, um die Abwehr des Europacup-Neulings aus den Angeln zu heben. So mussten die etwa 1000 mitgereisten Anhänger des deutschen Rekordmeisters bis zur 33. Minute warten, ehe sie die nächste Chance durch Martin Demichelis zu sehen bekamen.

Kurz vor der Pause wurden die Bayern für ihre Lethargie bestraft. Der Rumäne Contra lief mit dem Ball am Fuß 50 Meter, umkurvte mehrere Abwehrspieler und krönte sein Solo mit einem beherzten Schuss in den Torwinkel. "Die erste Halbzeit war nicht befriedigend. Wir spielen überhaupt nicht unsere personelle Überlegenheit aus", ärgerte sich Bayern-Vorstand Karl-Heinz-Rummenigge über den nicht einkalkulierten Rückstand. Einige Bayern-Fans machten ihrem Frust Luft, indem sie in ihrem Block Sitzschalen aus der Verankerung rissen. Die Polizei musste einschreiten.

Ribéry mit Last-Minute-Treffer

Nach einer Halbzeit-"Ansprache" von Trainer Ottmar Hitzfeld starteten die Münchner mit mehr Feuer in die zweiten 45 Minuten, doch der Ausgleich wollte trotz guter Chancen nicht fallen. In der 68. Minute vergab der frei vor Kahn ausrutschende Braulio sogar das sicher scheinende 2:0. Erst in der 89. Minute gelang dem bis dahin blassen Ribéry mit wuchtigem Schuss der Ausgleich.

Die Verlängerung begann mit einem Schock für die Bayern: Innerhalb von zwei Minuten ging Getafe mit einem Doppelschlag von Casquero und Braulio in Führung. Zu diesem Zeitpunkt waren die Münchner so gut wie ausgeschieden. Erst ein dicker Patzer des argentinischen Keepers Pato Abbondanzieri, den Toni eiskalt ausnutzte, brachte Bayern wieder ins Spiel. Am Ende geschah dann das Unglaubliche: Oliver Kahn war mit in den Strafraum der Spanier geeilt und sah den sensationellen Ausgleich durch das zweite Tor von Toni. Eine Flanke von Sosa konnte der Italiener mit einem Kopfballaufsetzter erfolgreich verwandeln. Olli Kahn standen danach Tränen in den Augen.

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Klaus Bergmann/DPA

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