Cannavaro Vom Balljungen zum Weltmeister?

Vor 16 Jahren warf er Maradona noch den Ball zu, 2006 steht er selbst im WM-Finale: Italiens Abwehrchef Fabio Cannavaro will seinen großen Traum vom Weltmeistertitel krönen - sein Erfolgsrezept ist einfach.

Vom Balljungen zum Weltmeister in seinem 100. Länderspiel - Italiens gefeierter Abwehrchef Fabio Cannavaro hofft im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft auf die Revanche gegen Frankreich und auf den größten Triumph seiner Karriere. "1990 war ich beim WM-Halbfinale zwischen Italien und Argentinien noch Balljunge und jetzt stehe ich in Berlin im WM-Finale. Damit kröne ich einen Traum", sagte der Neapolitaner. Vor 16 Jahren warf er Diego Maradona beim Sieg in Neapel noch den Ball zu, nun adelte ihn der Argentinier als "besten Spieler der WM 2006".

Nach dem WM-Halbfinal-Aus 1998 und der Niederlage im EM-Finale 2000 gegen Frankreich brennt Cannavaro auf Revanche: "Jetzt heißt es nieder mit Zidane & Co", tönte er. "Italien sollte ihm ein Denkmal setzen", forderte Maradona schon vor dem Finale. Zurecht, meinte "La Gazzetta dello Sport", die den 32-Jährigen im Anschluss an das 2:0 im Halbfinale über Deutschland schon zum "Kaiser di Germania" ausrief.

Ohne "echtes Gegentor ins Finale

Ohne "echtes" Gegentor führte der überragende Kapitän seine seit nunmehr 24 Spielen ungeschlagenen "Azzurri" ins Finale. Nur Christian Zaccardo konnte Cannavaros Bollwerk mit seinem Eigentor beim 1:1 gegen die USA überwinden. Keine Sekunde verzichte Nationaltrainer Marcello Lippi bei der WM bisher auf den mit 1,75 Meter recht kleinen Verteidiger, der in Deutschland zu "Cannavaro der Große" wurde. "Er ist Weltklasse", lobte ihn der Coach.

Routine, Durchsetzungsfähigkeit, Wendigkeit, ein perfektes Stellungsspiel und vor allem ein sehr gutes Auge für die Spielsituation machen Cannavaro zum bester Abwehrchef der Welt, meinen die Experten. Schmunzelnd verriet Cannavaro ein etwas anderes Erfolgsrezept: "Viel Schlaf, gutes Essen und wenig Sex."

"Cannavaro versteht ein Fußballspiel als Schlacht"

Im Finale gegen seinen früheren Teamkollegen bei Juventus Turin, Zinedine Zidane, wird der zweifache italienische Meister wieder zum Schlüsselspieler. In solchen Spielen müssen eben "echte Kerle wie Cannavaro ran, der ein Fußballspiel als Schlacht versteht", sagte Torwart Gianluigi Buffon. Fair, aber kompromisslos ist Cannavaro: In 570 WM-Spielminuten kassierte er keine einzige Gelbe Karte und leistete sich nur neun Fouls. Genauso hart wie gegen seine Gegner ist er gegen sich selbst: "Vor dem Spiel gegen Deutschland hatte Fabio stechende Schmerzen im Rücken, andere hätten nicht gespielt", verriet Teamarzt Enrico Castellacci.

Der robuste Verteidiger mit den kurz geschorenen Haaren kann einstecken, auch Kritik: Als Italiens Presse immer lauter schönen und offensiven Fußball anmahnte, forderte Cannavaro die Besinnung auf "Italiens Defensiv-Tugenden". So sehr sich Cannavaro auch über den Fall der Berliner Mauer freut, am Sonntag wird er im Olympiastadion vor Buffon zumindest vorübergehend eine neue errichten. Die Catenaccio-Vorwürfe prallen an ihm ab, wie die Gegner auf dem Rasen: "Deutschland hat doch gemauert und nicht wir, die wir am Ende mit vier Stürmern auf dem Platz standen", betonte der Juve-Star.

Turins Zwangsabstieg scheint endgültig besiegelt, nachdem die Anwälte im Prozess bereits einen Vergleich anboten, um Juve wenigstens die 2. Liga zu retten. Über seine Zukunft in Turin hüllt sich Cannavaro, der in Norditalien mehrere Pizzerien eröffnet hat, noch in Schweigen. Sorgen muss er sich nach seinen grandiosen WM- Auftritten keine machen: "Cannavaro war der beste", lobte ihn Enzo Bearzot, Italiens legendärer Weltmeister-Trainer von 1982.

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Bernhard Krieger und Heinz Büse/DPA

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