Polen Spielen ums Überleben

Durch die Auftaktniederlage gegen Ecuador steht die polnische Nationalmannschaft im Spiel gegen Deutschland mit dem Rücken zur Wand. Die Stimmung im Team ist gereizt.

32 Jahre nach der berühmten "Wasserschlacht von Frankfurt" will Polens Nationalelf am Mittwoch (21.00 Uhr) in der Dortmunder Arena erstmals gegen Deutschland gewinnen und mit einem Kraftakt das drohende WM-Aus abwenden. Die Stimmung vor diesem frühen "Endspiel" wirkt extrem gereizt, die Vorbereitung teilweise kurios. Sie reicht vom Kirchgang über eine Krisensitzung bis zur klassischen Kampfansage. "Wir mögen solche Spiele, bei denen wir das Messer schon an der Kehle haben", behauptete der ehemalige Kaiserslauterner Profi Kamil Kosowski und versicherte: "Ich glaube, dass wir gegen die Deutschen bestehen können."

Die Polen müssen fürchten, am zweiten Vorrunden-Spieltag als erste der 32 Mannschaften auszuscheiden. "Wir spielen ums Überleben", erklärte der ansonsten wenig auskunftsfreudige Trainer Pawel Janas. Und der Borussen-Profi Ebi Smolarek sagte vor seinem "Heimspiel" im Dortmunder Stadion: "Wir dürfen einfach nicht verlieren." Bisher allerdings hat Polen in 14 Vergleichen gegen Deutschland noch nie gewonnen; von den bisher zehn Niederlagen ist das.0:1 bei der "Wasserschlacht" während der WM 1974 die bekannteste. Die Wettermeldungen besagen, dass auch das WM-Spiel zu einer feuchten Angelegenheit werden könnte. Vorausgesagt wird für Dortmund ein Wettersturz mit starkem Regen am Vormittag und am Abend Temperaturen um 16 Grad und vereinzelte Schauer.

Die Gemütslage der Spieler schwankt seit der.0:2-Auftaktniederlage gegen Ecuador zwischen Resignation und Optimismus, wie die Aussagen von Torhüter Boruc verdeutlichen: "Wir sind wie ein Boxer, der heftig angeschlagen ist und der im Ring schon alleine ist in den Seilen. Einige wollen schon aufgeben, das Handtuch werfen." Der Keeper von Celtic Glasgow forderte jedoch: "Wir müssen kämpfen."

Die polnischen Profis, in der Heimat als "Janas Mädchen" verspottet, versuchen sich nach dem Schock des ersten Spiels, Mut zu machen. Einige Profis waren in Hannover in der Kirche, um zu beten, wie Verbandspräsident Michal Listkkiewicz berichtete. Zur Krisensitzung trafen sich dann alle 23 Spieler des Kaders, um sich gemeinsam einzuschwören. Trotzig sagte Michal Zewlakow, einer der Wortführer im Team: "Wenn wir ängstlich spielen, werden uns die Deutschen 5:0 schlagen und wir werden voller Scham nach Polen zurückkehren. Deswegen sage ich, wir müssen zeigen, dass wir Mumm haben. Gegen die Deutschen spielen wir um unsere Würde."

"Steht auf und kämpft"

In welcher Aufstellung sie das tun, ist offen. Trainer Pawel Janas antwortete monton: "Das wird man am Mittwoch sehen." Die Forderung nach taktischen und personellen Änderungen, sogar vom Verbandspräsidenten öffentlich erhoben, bügelte er ab: "Solange ich Trainer bin, bestimme ich die Taktik." Zuletzt hatte er mit Maciej Zurawski nur einen Stürmer aufgeboten, gegen Deutschland könnte nun bei einer Rückkehr zur 4-4-2-Formation Smolarek vom rechten Mittelfeld in den Angriff wechseln. Umstritten sind vor allem Innenverteidiger Mariusz Jop und Miroslaw Szymkowiak, der bei den letzten beiden Tests und im ersten WM-Match als Spielmacher völlig überfordert war. Die polnischen Fans hoffen vor allem auf den Einsatz von Stürmer Ireneusz Jelen.

Neben der Taktik des Trainers stand in Polen auch das mutlos wirkende Auftreten des Teams in der Kritik. "Steht auf und kämpft", forderte die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza". Und Smolareks Vater Wlodzimierz, zweimaliger WM-Teilnehmer, sagte: "Wenn unsers Spieler gegen die Deutschen nicht aggressiver spielen, dann kann das ins Unglück führen." Bei einer Niederlage gegen Deutschland würde schon ein Punktgewinn Ecuadors gegen Costa Rica am Donnerstag das polnische Aus bedeuten.

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