Final Countdown, letztes Hurra, ultimative Zugabe. Auf der finalen Weltmeisterschaftsbühne des Berliner Olympiastadions hebt sich am Sonntag (20.00 Uhr) zum letzten Mal der Vorhang für einen der größten Fußballspieler aller Zeiten. Im WM-Endspiel gegen Italien kann die französische Fußball-Ikone Zinédine Zidane das außergewöhnliche Schlusskapitel seiner Fußball-Geschichte schreiben und vollenden. Der historische Moment in der deutschen Hauptstadt wird 90 oder 120 Minuten dauern, bis sich "Zizou" endgültig von seiner weltweiten Fangemeinde verabschiedet.
Stationen einer Karriere
12. Juli 1998: Zidane führt Frankreich mit zwei Toren beim 3:0- Finalsieg gegen Brasilien zum WM-Gewinn im eigenen Land.
Dezember 1998: Zidane erhält diverse Auszeichnungen. Er wird unter anderem zum Welt-Sportler und Welt-Fußballer des Jahres gewählt.
02. Juli 2000: Durch ein 2:1 n.V. im Finale gegen Italien gewinnt Zidane mit der "Equipe Tricolore" den EM-Titel. Er wird zum besten Spieler der EM und später zum Welt-Fußballer des Jahres gekürt.
01. Juli 2001: Zidane wechselt für die Rekord-Ablösesumme von 147 Millionen Mark von Juventus Turin zu Real Madrid.
15. Mai 2002: Mit Real Madrid gewinnt Zidane die Champions League. Beim 2:1 gegen Bayer Leverkusen erzielt er das Siegtor.
11. Juni 2002: Titelverteidiger Frankreich scheidet in der WM- Vorrunde ohne Torerfolg aus. Zidane kann die Schmach nicht verhindern.
Dezember 2003: Zidane wird zum dritten Mal zum Welt-Fußballer des Jahres gewählt.
25. Juni 2004: Frankreich scheitert im EM-Viertelfinale am späteren Europameister Griechenland. Zidane erklärt seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft.
17. August 2005: Zidane kehrt in die Nationalmannschaft zurück. Beim 3:0-Länderspielsieg gegen die Elfenbeinküste erzielt er ein Tor.
25. April 2006: Zidane kündigt sein Karriere-Ende nach der WM an.
18. Juni 2006: Zidane sieht gegen Südkorea die zweite Gelbe Karte. Ihm droht ein trauriges Karriereende, doch seine Kollegen schaffen fünf Tage später ohne ihn den Einzug ins Achtelfinale.
01. Juli 2006: Zidane zaubert wieder und erreicht mit Frankreic dank eines 1:0-Sieges gegen Brasilien das WM- Halbfinale.
05. Juli 2006: Zidane schießt sein Team im Halbfinale gegen Portugal mit einem Elfmeter in das Endspiel.
Spätestens mit seiner unerwarteten Renaissance in den WM-Stadien von Stuttgart, Leipzig, Hannover, Frankfurt und München hat sich der dreimalige Weltfußballer endgültig auf Augenhöhe mit den größten Größen der Zunft wie Pele, Franz Beckenbauer, Johan Cruyff, Diego Maradona oder Landsmann Michel Platini gespielt. Sein 108. Länderspiel (30 Tore) wird das 785. Wettbewerbsspiel (150 Tor) des scheidenden Kapitäns der "Équipe tricolore" sein.
Tänen werden fließen - so oder so
Wenn nicht Freudentränen über den zweiten französischen WM-Titel nach 1998, dann wird es garantiert Abschiedstränen geben, wenn Zidane seinen Hut nimmt. Einer wie er war immer auch für das emotionale Element des Fußballs zuständig. "Es ist ewig schade, dass er aufhört. Er hat dem Fußball so viele schöne und unvergessliche Momente geschenkt", bedauerte Beckenbauer das endgültige Adieu jenes Mannes, der des "Kaisers" Weltmeisterschaft mit seinen immer noch vorhandenen Künsten so enorm bereicherte. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schlug vor, den französischen Nationalfeiertag des 14. Juli auch Zidanes letzter Vorstellung wegen kurzerhand um fünf Tage auf diesen 9. Juli vorzuverlegen.
Die Geschichte des Zinédine Zidane wird in die Annalen der zweiten deutschen WM nach 1974 eingehen. Sie begann mit seinem Rücktritt vom Rücktritt, den er nach der EM-Pleite 2004 nach dem Viertelfinal-K.o. gegen Griechenland frustriert genommen hatte. Als in der Qualifikation Frankreichs WM-Teilnahme auf der Kippe stand, kehrte der Kapitän auf die Kommandobrücke des schlingernden Schiffes zurück. Auch ohne große Worte gab der schweigsame Star ohne Allüren sofort den Ton an und die Richtung vor. Keiner sprach die Parole so wild entschlossen aus: "Ich will noch einmal Weltmeister werden!"
Würdeloser Abschied?
Eine freche Formulierung angesichts der mühevollen Qualifikation. Es schien wie ein Sinnbild zu sein, als Zidane beim letzten WM-Test, dem 3:1-Sieg gegen China, bei der Ausführung seines vergebenen Elfmeters ausrutschte und auf dem Hosenboden landete. Auch der Stolperstart der "Blauen" in der Vorrunde (0:0 gegen die Schweiz und 1:1 gegen Südkorea) wurde eng verknüpft mit der Formschwäche des alternden Kapitäns. Als ohne den gelb-gesperrten Spielmacher mit dem 2:0 gegen Togo der Einzug ins Achtelfinale perfekt gemacht wurde, wurde schon über seine Entbehrlichkeit spekuliert. Auch die Demütigung von Trainer Domenech, der ihn in der Nachspielzeit des Südkorea-Spiels vom Feld holte, wurde als Zeichen eines würdelosen Abschieds gedeutet.
Es ist unbewiesen, dass Domenech möglicherweise eine Trotzreaktion provozieren wollte. Wenn ja, dann war es fast genial, den Genius noch einmal zu Großtaten anzustacheln. Denn diese folgten auf dem Fuß. Der mit seinen glitzernden Kickstiefeln schon zum goldenen Hemmschuh abgestempelte Mann mit der Nummer 10 schwang gegen Spanien (3:1) wieder den Taktstock bei den als "Rentnerband" verunglimpften "Blauen". Bei der Entthronung des Weltmeisters Brasilien (1:0) war der Zauberer wieder auf der Höhe seiner Schaffenskraft. Der Ball, den er wie kaum ein anderer streichelte, war wieder sein Freund.
Am Sonntag, wenn Milliarden nach Berlin schauen, um Abschied von "Zizou" zu nehmen, soll das Spielgerät dem "Maitre" zum letzten Mal gehorchen. Die Fußball-Welt wird nach dem 9. Juli ärmer sein, wenn das Gesamtkunstwerk Zidane ins Pantheon der Kicker aufsteigt.