Torflaute bei der WM Nur Deutschland ist bisher torhungrig

Tore, Tore, Tore - das wünschen sich die Fans bei jeder Weltmeisterschaft. Doch bisher enttäuschen die Spiele in Südafrika. Das Turnier am Kap droht sogar zur torärmsten WM aller Zeiten zu werden. Einziger Trost: Das deutsche Team trotzt bisher dem Trend.

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika ist bisher keine Spielwiese für Stürmer. Von einem Torfestival kann keine Rede sein. Nur Deutschland hat mit seinem Viererpack gegen Australien bisher den Trend gebrochen. In den ersten elf Partien wurden gerade einmal 18 Tore erzielt. Setzt sich die Flaute fort, wird das erste Turnier auf afrikanischem Boden zur mit Abstand torärmsten WM werden. 1,64 Tore standen nach elf Partien zu Buche. Schlechter war der Schnitt zu diesem Turnier-Zeitpunkt noch nie.

"Das ist normal. Im ersten Spiel sind alle vorsichtiger. Das ändert sich, wenn mehr Partien gespielt sind", beruhigt Portugals Regisseur Deco alle Skeptiker. Doch der Ballzauberer täuscht sich. Bei den vergangenen beiden Turnieren 2002 und 2006 sank der Tore-Schnitt bis zum Finale sogar noch. Auch die FIFA möchte das noch dünne Datenmaterial nicht überbewerten. "Es ist zu früh. Man kann nach acht Spielen noch kein Urteil fällen", hieß es von Seiten des Weltverbandes.

Selbst Torfabrik Holland stockt

Doch auch die Niederlande - eigentlich als Torfabrik bekannt - und Gegner Dänemark (2:0) sowie Titelverteidiger Italien gegen Paraguay (1:1) schafften es am Montag nicht, die Tendenz zu stoppen. Japan und Kamerun (1:0) drückten die Quote sogar weiter nach unten. Ein Trend zeichnet sich auf jeden Fall ab. Wie schon bei der WM 2006 setzten die Teams auf eine möglichst kompakte Spielstruktur. Bedingungslose Offensive wird nicht als Erfolgsrezept angesehen. Neun von 20 Mannschaften spielten bisher mit nur einer Spitze. Das auch von Bundestrainer Joachim Löw präferierte 4-2-3-1-System wird die WM bestimmen.

Zudem gibt es keine "Kleinen" mehr. "Die Breite in der Spitze ist dichter geworden", stellte Berti Vogts schon vor Jahren fest - zwar wegen der Formulierung leicht belächelt, aber doch zutreffend. Die meisten WM-Spieler sind bei Topclubs in Europa unter Vertrag - taktische Naivität, die Tore begünstigt, gehört der Vergangenheit an. Seit 1994 in den USA sinkt der Schnitt bei jedem Turnier.

Stürmer meist ohne Torinstinkt

Doch was ist mit den Stürmern los? Erst das neunte WM-Tor wurde von einem Angreifer erzielt. Ghanas Asamoah Gyan traf gegen Serbien - per Elfmeter. Danach verteidigten die deutschen Stürmer Miroslav Klose und Cacau ihren "Berufs-Stand". Hollands Dirk Kuyt zeigte immerhin sein Abstaubertalent.

Ansonsten haben Abwehr- und Mittelfeldakteure bewiesen, dass im modernen Fußball Torgefahr kein Stürmerpatent mehr sein muss. Gabriel Heinze köpfte Argentinien zum Sieg. Der Mexikaner Rafael Marquez verdarb Südafrika mit seinem Tor den Premierensieg. Südkoreas Defensivmann Lee Jung-Soo ließ Griechenlands Angreifer Angelos Charisteas bei dessen Abwehrversuch alt aussehen.

Minusrekord bei 2,21 Toren pro Spiel

Vor vier Jahren in Deutschland waren zum gleichen Zeitpunkt 2,5 Tore pro Spiel gefallen. 2002 in Südkorea/Japan waren es sogar 2,9 Treffer pro Spiel. Vier Jahre zuvor in Frankreich lag die Quote bei 2,6 Treffern. Bis zum Turnierende divergierte der Wert seit 1990 dann nie um mehr als 0,41 Tore. Den Negativrekord hält bislang die WM 1990 in Italien mit 2,21 Toren zum Turnierende.

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Arne Richter/DPA

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