So langsam fängt das Kribbeln an. Nur wenige Stunden vor dem vorentscheidenden zweiten Gruppenspiel gegen Schweden wächst die Nervosität. Der Druck könnte sich unmittelbar vor Anpfiff weiter erhöhen, nämlich dann, wenn Mexiko am Nachmittag gegen Südkorea gewinnen sollte. Dann würde eine Niederlage gegen die robusten Schweden tatsächlich bereits das historische Vorrunden-Aus besiegeln.
Der Blick in die jüngere WM-Historie macht die Sache nicht unbedingt besser. Gerade die zweiten Turnierspiele zählten nicht unbedingt zu den Glanzlichtern des DFB-Teams. Bei der WM 2014 reichte es zu einem 2:2 gegen Ghana. In Südafrika stand ein 0:1 gegen Serbien zu Buche. Das 1:0 gegen Polen bei der WM im eigenen Land war zwar die Initialzündung für das deutsche Sommermärchen, aber der Treffer von Oliver Neuville nach der Flanke von David Odonkor fiel erst kurz vor dem Schlusspfiff und kam einer Erlösung gleich. 2002 schließlich gab es ein umkämpftes 1:1 gegen Irland.
Immerhin: Die WM-Bilanz gegen Schweden macht Mut. Insgesamt gab es vier Partien, drei Mal siegte das DFB-Team, lediglich ein Mal hatten die Schweden die Nase vorn, die 1958 im WM-Halbfinale bei der Heim-WM mit 3:1 gewannen. Die als "Schlacht von Göteborg" bekannte Partie war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Sportlich beendete die deutsche Mannschaft das Spiel lediglich mit zehn Spielern, da Erich Juskowiak in der zweiten Halbzeit vom Platz gestellt wurde. Zudem war Fritz Walter nach einer Verletzung kaum noch einsatzfähig und wurde humpelnd auf Rechtsaußen geparkt.
Hassgesänge aus dem Megafon
Mehr noch als Ereignisse auf dem Rasen sorgte allerdings das Drumherum auf den Rängen dafür, dass die Partie in die Länderspiel-Geschichte einging. Das Spiel war von Stockholm nach Göteborg verlegt worden, so dass das Team von Sepp Herberger kurzfristig ein neues Quartier beziehen musste. Schon mehrere Stunden vor dem Spiel sorgten die schwedischen Fans mit deutschlandfeindlichen Parolen für eine aggressive Stimmung. Deutsche Fans waren kaum im Stadion auszumachen. Dafür kamen bei den Schweden erstmals Vorsänger mit Megafon zum Einsatz, die die Zuschauer zu lautstarken Schlachtgesängen ermutigen sollten.
Während Trainer Seppe Herberger ("Die schwedische Mannschaft ist eine erstklassige Elf und hat verdient gewonnen") und seine Spieler sich zurückhielten, kam es von Seiten des DFB und der mitgereisten Journalisten zu chauvinistischen Ausfällen. Der umstrittene DFB-Präsident Peco Bauwens sprach von "Volksverhetzung", und dass man "nie wieder ein Fuß in dieses Land setzen würde". Ein deutscher Journalist schriebt, dass "König Fußballs einfältigste Vasallen ein blamables Heckengefecht" gekämpft hätten.
Regennacht von Düsseldorf
Und zumindest den Älteren unter uns ebenfalls noch gut im Gedächtnis geblieben ist der 4:2 Sieg der deutschen Mannschaft in der zweiten Gruppenphase der WM 1974. Das lag zum einen am Wetter, über dem Spielort Düsseldorf ging ein heftiger Dauerregen nieder, der Rasen war tief, das Spiel fand unter Flutlicht statt, Gewitter entluden sich über dem Rheinstadion. Zum anderen war der Spielverlauf hoch dramatisch. Die Schweden gingen durch Edström in Führung. In der zweiten Halbzeit fielen in drei Minuten drei Tore (Overath (51.), Bonhof (52.), Sandberg (53.). Erst in der Schlussviertelstunde sorgten Grabowski (76.) und Uli Hoeneß per Foulelfmeter (89.) für den Endstand.
Die beiden weiteren deutschen WM-Siege blieben dagegen vergleichsweise unspektakulär. 1934 gewannen die Deutschen im Viertelfinale mit 2:1. Und 2006 kam es im Achtelfinale in München zu einem ungefährdeten 2:0 Erfolg mit dem Doppeltorschützen Lukas Podolski.
