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Nerven-Schlacht gegen Kroatien Handballer verspielen Gold

Am Schluss versagten die Nerven: Die deutschen Handballer verloren das olympische Endspiel gegen Kroatien mit 24:26 Toren. Das Team von Heiner Brand steht vor einem Neuaufbau. Stefan Kretzschmar erklärte seinen Rücktritt.

Die deutschen Handballer sind kurz vor der Krönung an ihrer Abschlussschwäche gescheitert und haben den goldenen Wurf verpasst. 24 Jahre nach dem Triumph der DDR-Auswahl in Moskau verlor der Europameister am Sonntag in einer Neuauflage des WM-Endspiels gegen Weltmeister Kroatien mit 24:26 (12:11). Mit der Silbermedaille konnte die Mannschaft von Bundestrainer Heiner Brand am Sonntag nicht den erhofften goldenen Schlusspunkt mit dem 15. Olympiasieg für das deutsche Athen-Team setzen.

"Können stolz sein"

«Wir haben Gold verloren, aber Silber gewonnen», sagte der Lemgoer Daniel Stephan: «Wir können alle stolz sein. Mit ein bisschen Abstand werden wir uns freuen.»

Brand plant bereits den Neuaufbau

Brand lobte seine Mannschaft nach der ersten Enttäuschung, die natürlich groß sei: «Was die Mannschaft hier geleistet hat, ist nicht hoch genug einzuschätzen.» Der 52-Jährige dachte bereits an die nächsten Ziele: «Jetzt gilt die ganze Kraft dem Neuaufbau für die WM und die nächsten Olympischen Spiele.» Die neuen Aufgaben muss Brand definitiv ohne Christian Schwarzer (34), Volker Zerbe (36), Klaus-Dieter Petersen (35) und auch Kretzschmar angehen. «Das war definitiv mein letztes Länderspiel», sagte der 31-Jährige.

Lange Zeit auf Goldkurs

Rund 5000 deutsche Fans unter den 12 000 Zuschauern im Helliniko Sports Complex von Athen hatten das Team um den mit neun Treffern überragenden Linksaußen Stefan Kretzschmar (SC Magdeburg) frenetisch angefeuert, doch am Ende gingen den deutschen Ballwerfern im achten Spiel Kraft, Glück und Nervenstärke aus. «Die Deutschen haben ihre Chancen nicht genutzt, die Kroaten waren abgeklärter», kommentierte IOC-Vizepräsident Thomas Bach. Nachdem direkt nach Spielende reichlich Tränen flossen, war bei der Siegerehrung der erste Frust überwunden. Mit der Silbermedaille um den Hals machten Kreisläufer Christian Schwarzer und Co. die La-Ola-Welle mit den Fans.

Bis zum 20:19 in der 47. Minute sah es gut aus, doch in der Schlussphase avancierte neben dem neunfachen Torschützen Mirza Dzomba Linksaußen Niksa Kaleb mit drei Treffen in Serie zum kroatischen Matchwinner. Nach der Schlusssirene flossen Tränen. Die Lebensgefährtinnen und Frauen mussten den Spielern ersten Trost zusprechen. «Wir sind schon ein bisschen traurig, denn so viele Chancen bekommt man nicht, um Olympia-Gold zu gewinnen», meinte der ehemalige Bundestrainer und Delegationsleiter Horst Bredemeier.

Heiner Brands Maxime ging ausgerechnet im Finale nicht auf. «Spiele gewinnt man vorne - große Meisterschaften hinten», sagt der 52-Jährige, der als Aktiver einer der weltbesten Abwehrspieler war. Doch die Deutschen verloren gegen den Kampf um Gold im Angriff mit einer miserablen Wurfausbeute. «Leider ist unsere Angriffsschwäche heute zur Geltung gekommen», räumte Stephan ein. Aus dem Rückraum kam zu wenig, wie auch Brand feststellte: «Vorne im Angriff fehlte uns die Unterstützung von Pascal Hens.» Der wurfgewaltige Hamburger musste verletzt zuschauen. Die Bronzemedaille hatte

Wie schon beim 21:15-Sieg im Halbfinale gegen Sydney-Olympiasieger Russland, der am Samstag mit 28:26 gegen Ungarn das Spiel um Bronze gewann, stand die 6:0-Deckungsformation lange wie ein Bollwerk. Vor allem Welthandballer Ivano Balic wirkte schier entnervt und warf nicht ein Tor. Wenn die Kroaten eine Lücke fanden, war lange Zeit Torhüter Henning Fritz schier unüberwindbar. Auch Kroatiens «Tormaschine» Dzomba, der 55 Turnier-Treffer erzielte, konnte den Kieler nicht immer überwinden.

Die Neuauflage des WM-Endspiels von Lissabon 2003, das die DHB- Auswahl mit 31:34 verloren hatte, war zu Beginn von großer Nervosität und technischen Fehlern geprägt. Zwei Mal Schwarzer und Kretzschmar sorgten beim 4:3 (12.) für die erste deutsche Führung, die Mitte der ersten Hälfte erstmals drei Tore betrug (8:5). Dem Rückraum fehlte es allerdings schon da an Durchschlagskraft, erst nach 14 Minuten gelang dem 2,11 m-Riesen Volker Zerbe das erste Tor aus der zweiten Reihe.

Trumpfkarte im Angriff waren die Außen Kretzschmar und Florian Kehrmann (TBV Lemgo/5 Tore), die mit ihren Trickwürfen und Gegenstoß- Toren dafür sorgten, dass der Europameister die Führung auch nach der Pause zunächst behauptete. Aber trotz eines 15:12 und 16:13 gelang es nicht, sich entscheidend abzusetzen. Im Gegenteil: Plötzlich lagen die Deutschen sogar wieder mit 17:18 zurück (43.), weil die Wurfquote bis auf Kehrmanns fantastische «Dreher» und Kretzschmars mutige Würfe von Linksaußen katastrophal war. Auch Brands Reaktion mit einer Auszeit fünf Minuten vor dem Ende brachte keine Wende mehr, der dritte Olympiasieg nach 1936 auf dem Feld und 1980 in Moskau blieb den deutschen Handballern versagt.

Frank Kastner und Uwe Jentzsch, DPA DPA

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