Fechten Neunzehn Minuten für die Ewigkeit

Von Jens Fischer, Peking
Mutig, souverän und selbstbewusst: Innerhalb kürzester Zeit hat das deutsche Fecht-Team einen grandiosen Erfolg gefeiert. Die Goldmedaillen-Gewinner Britta Heidemann und Benjamin Kleibrink stehen dabei für zwei Athleten mit Star-Potenzial. Heidemann überzeugt mit Intelligenz und Charisma, Kleibrink mit jugendlichem Kampfeswillen.

Der Abend der deutschen Fecht-Festspiele: Innerhalb von knapp zwanzig Minuten holten Britta Heidemann und Benjamin Kleibrink für die deutsche Olympia-Mannschaft gleich zwei umjubelte Goldmedaillen. Die Reaktion der beiden deutschen Fecht-Helden hätte nach ihren Finalkämpfen unterschiedlicher nicht ausfallen können. Während Kleibrink, der die erste der beiden Goldenen vor den versammelten Journalisten seine Erschöpfung nicht verbergen konnte, trat Heidemann gewohnt lässig und überglücklich vor die Presse.

"Ich fühle mich einfach nur fantastisch", notierte die 25-Jährige in die Notizblöcke. Ihren Olympiasieg musste sie zuvor hart erkämpfen, ihre Finalgegnerin Ana Maria Branza aus Rumänien erwies sich als erwartet schwerer Brocken. Am Ende siegte Heidemann dennoch sicher und krönte damit ihre bisherige Laufbahn. "Ich war super konzentriert und alles lief perfekt - jetzt bin ich einfach nur noch glücklich."

Britta Heidemann wird sich in Zukunft wohl nun endgültig keine Sorgen mehr darüber machen müssen, in China unerkannt zu bleiben. Die deutsche Degendame hat im Fechtstadion von Peking auf eindrucksvolle Art und Weise Gold erkämpft, viele Sympathien gewonnen - und sich damit in dem Land, das sie so fasziniert, unsterblich gemacht.

China, immer wieder China

"Für mich ist dieser Erfolg hier in Peking einfach wunderbar", jubelte die von einem harten Wettbewerb gezeichnete Heidemann überglücklich. Heidemann ist Studentin der chinesischen Regionalwissenschaften und hat daher einen äußerst engen Bezug zu China. Besonders im Halbfinale gegen ihre schärfste Rivalin Li Na, immerhin Vize-Weltmeisterin ihres Metiers, zeigte sie eine eindrucksvolle Vorstellung. "Zu sagen, wir wären Freundinnen wäre übertrieben, aber wir kennen uns natürlich sehr gut", meinte Heidemann über ihre Halbfinal-Gegnerin. China, immer wieder China. Für die deutsche Degen-Olympiasiegerin 2008 ein Land, das ihr Leben mitbestimmt und wo sie jetzt - quasi in ihrer zweiten Heimat - den größten Erfolg ihrer Karriere erzielte.

Die 25-Jährige war in China bereits vor ihrer Goldmedaille eine berühmte Persönlichkeit. Vermarktet wird sie von einer chinesischen Agentur, die auch dafür verantwortlich ist, dass sie und ihr Lächeln einem im Reich der Mitte von vielen Großleinwand-Plakaten entgegen strahlt. Heidemann wirkte auch direkt nach ihrem Erfolg offen und sympathisch. Es flossen Tränen und als sie sich bei der Siegerehrung endlich die ersehnte Goldmedaille umhängen durfte, wirkte das, als hätte sie gleich einen doppelten Sieg errungen. Einerseits den sportlichen, andererseits aber auch einen Sieg für mehr Respekt. Mehr Respekt vor China als Austragungsort dieser Spiele, wo sie im Alter von zehn Jahren eine Austauschschule besucht hat und das sie zigmal schon in ihrem bisherigen Leben bereist hat. Zahlreiche Freunde hat die chinesisch sprechende Heidemann hier - auch mit diesen wird sie sicher auf ihr Olympia-Gold anstoßen. Dann mit chinesischen Trinksprüchen.

Heidemann hat eine klare Meinung von China. Im Vorfeld der Spiele hat sie diese auch immer wieder wiederholt. Sie sei in erster Linie Sportlerin und die politische Lage in diesem riesigen Land sei sowieso viel zu komplex, um sich darüber kompetent äußern zu können. Mehr wollte sie dazu nicht sagen.

Kleibrink fegt seine Gegner von der Planche

Damit hatte sie sich deutlich anders positioniert als ihre deutsche Fecht-Kollegin Imke Duplitzer. Die sorgte zwar vor und während Olympias mit ihrer politischen Einschätzung zur Frage der Menschenrechte in China für viele Schlagzeilen, schied dann allerdings im Wettkampf bereits im Viertelfinale gegen die Ungarin Ildiko Mincza-Nebald aus. Nach dieser Enttäuschung hatte Duplitzer für die wartenden Journalisten kein politisches Statement mehr übrig - und zog mit der Ankündigung, eventuell sogar ihre Karriere beenden zu wollen, von dannen.

Für die zweite Jubelfeier an diesem goldenen Mittwochabend sorgte Florett-Kämpfer Kleibrink. Mit ungeheurem Selbstvertrauen und mutigem Kampfstil raste er förmlich durch die Runden und zeigte dabei keine Schwächen. "Es lief für mich einfach bombig heute, ich habe meine Gegner förmlich weggefegt", berichtet er schweißgebadet nach dem Finale. "Ich wusste bereits nach dem Viertelfinale, dass es heute reichen wird." Auch eine leichte Verletzung am Ellenbogen konnte Kleibrink nicht stoppen. Immer wieder angefeuert von den deutschen Fans bot er wohl einen der besten Wettkämpfe seines Lebens.

PRODUKTE & TIPPS