Für Ingo Steuer bedeuten das gelbe Sweatshirt und die schwarze Trainingshose mehr als für jeden anderen im deutschen Wintersportteam. "Ich darf jetzt auch die Teamkleidung tragen, das ist doch klasse", sagte der gelöste und gut gelaunte Eiskunstlauf-Coach nach einem ziemlich vermasselten Morgentraining seiner Schützlinge und Mitfavoriten Aljona Savchenko/Robin Szolkowy, die nach der Eingewöhnung in Kanada mit dem frühen Aufstehen so ihre Probleme haben. Doch Steuer, ansonsten bekannt für seine strenge Kritik, bleibt auffallend locker. "Ich freue mich unwahrscheinlich, dass so entschieden wurde, dass ich den zusätzlichen Stress wegbekommen habe", ergänzte der 43-Jährige, der nach der Nominierung nun darauf hofft, dass das leidige Thema um seine Vergangenheit als Stasi-Spitzel ein Ende hat.
Er hätte noch andere Möglichkeiten gehabt, doch den einfachen Weg wählte Steuer nie. Er hatte Angebote aus Kanada, führte ukrainische und Schweizer Sportler zu Olympia. Die Klamotten der anderen Nationen lagen schon lange im Koffer. Doch Steuer hängt an seiner Heimat und hoffte auf ein Einsehen deutscher Sportfunktionäre, "weil ich deutsch bin und mit Robin und Aljona das alles erreicht habe". Nach dem schwierigen Weg vor vier Jahren, als Steuer auf gerichtlichem Weg seine Reise nach Turin erzwang, entschieden die drei, "durch dick und dünn zu gehen". Szolkowys Treue ging so weit, dass er deswegen auch sein Ende der Bundeswehr-Zeit und damit einen Verzicht auf regelmäßiges Einkommen akzeptierte.
Steuer verzichtete auch auf viel Geld, denn nach wie vor sind öffentliche Gelder auf Weisung des Bundesinnenministeriums für ihn tabu. "Es wäre schön, wenn das irgendwann doch möglich ist", sagt Elke Treitz, Vizepräsidentin der Deutschen Eislauf-Union (DEU), in Vancouver. "Er ist einer der besten Paarlauftrainer der Welt, aber wir haben goldene Handfesseln." Zu gern würde die DEU Nachwuchs nach Chemnitz schicken, um die Zeit nach Savchenko/Szolkowy erfolgreich zu gestalten, aus Eigenmitteln kann der klamme Verband den Trainer aber nicht finanzieren. Auch wenn die Sachsen eine olympische Medaille gewinnen, könnten sie noch ein, zwei Jahre weiterlaufen, doch danach gibt es keine Hoffnungsträger im deutschen Paarlaufen.
So wird auch Steuer Interesse daran haben, dass seine Doppel- Weltmeister noch einige Zeit bei Wettkämpfen starten. Nachdem der Weltverband vor Jahren das Preisgeld enorm angehoben hat, überlegen sich immer mehr Topläufer den Schritt ins Profigeschäft sehr genau. Während sich Katarina Witt vor Jahren in den USA bei Hunderten von Schaulauf-Auftritten eine goldene Nase verdiente, ist der Markt in Nordamerika inzwischen eingebrochen. Von den wenigen Shows kann kaum einer noch leben.