Mehrere paralympische Sportschütz:innen erheben schwere Vorwürfe gegen ihren Trainer Rudolf Krenn. Wie der "Tagesspiegel" berichtet, habe es schon von Beginn seiner Traineraktivität 2013 an Probleme mit dem 62-Jährigen gegeben.
Die stellvertretende Athletensprecherin Manuela Schmermund war eine der ersten Athletinnen, die Krenn unter dem Dach des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) betreute. Sie berichtet von übertriebenen Anforderungen, die Krenn an die Para-Sportschütz:innen stellte: "Er hat ziemlich exzessive Trainingszeiten angesetzt, ohne wirklich Ruhephasen einzubauen, die einige mit schweren Behinderungen einfach brauchen."
Trainingsmethoden, die zermürben
Trainingsmethoden, die offenbar zur Normalität wurden und die die Athlet:innen auslaugten: "Ich bin eigentlich schon relativ taff. Ich habe schon andere Sachen durchgemacht, bin dem Tod zweimal von der Schippe gesprungen, aber das zermürbt auf Dauer", erklärt die 49-Jährige. Sie blieb standhaft, hielt die übermäßige Trainingsbelastung aus, aber sie wweiß von mindestens vier Kolleg:innen, die wegen des schlechten Umgangs mit dem Para-Sportschießen aufhörten.
Eine Athletin, die von ähnlichen Erfahrungen berichtete, ist die Sportschützin Elke Seeliger. Sie nimmt derzeit an den Paralympischen Spielen in Tokio teil. Wie sie vergangene Woche dem "Spiegel" berichtete, nur wegen einer Kompromisslösung. Vorangegangen war ein Streit zwischen ihr und Krenn. Laut Seeliger habe ihr Trainer sie im Februar dieses Jahres dazu gezwungen, an einem Lehrgang teilzunehmen, der etwa 400 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt lag. Angeblich habe er ihr gedroht, sollte sie nicht an dem Lehrgang teilnehmen, seien die Paralympischen Spiele in Tokio für sie gestrichen.
Seeliger gab nach und fuhr zum Termin. "Achteinhalb Stunden am Steuer sind für eine Frau im Rollstuhl eine große Last", betont sie im "Spiegel". Anschließend zog sie die Konsequenzen. In einem Schreiben aus dem März erklärte sie ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft.
Verhältnis zwischen Trainer und Team schon seit Jahren zerrüttet
Der Grund dafür, dass sie derzeit dennoch in Tokio um Medaillen kämpft, ist, dass sie dort nicht wie üblich von Krenn, sondern von einem Physiotherapeuten betreut wird. Ihr Einsatz und die Unterstützung des niedersächsischen Behindertensportverbandes machten dies möglich.
Wie lange das Verhältnis zwischen Krenn und den Athlet:innen bereits zerrüttet ist, zeigt eine versuchte Aussprache des Teams mit dem Trainer. Nach den ersten Vorfällen hätten die Sportler:innen ihre Kritikpunkte gesammelt und ihm vorgetragen. "In seiner Antwort hat er ziemlich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Kritik nicht angebracht sei und man doch besser den Mund halten soll", erinnert sich Schermund.
Da die Sportler:innen auf Granit bissen, wandten sie sich an den Verband. Doch auch der wimmelte sie regelmäßig ab. "Es gab Gesprächsrunden, aber mit null Ergebnissen. Die Lösung des Problems wurde immer wieder verschoben, ausgesessen und relativiert“, so Schermund.
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Der Verband steht hinter seinem Trainer
Sie sei nur belächelt worden und habe sich nicht verstanden gefühlt. Nachdem sie kurz vor den Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro ein Interview gegeben hatte, in dem sie sich kritisch über ihren Trainer geäußert hatte, sei sie gar unter Druck gesetzt worden. "Ich wurde zu einem Gespräch gebeten und das war fast schon ein Verhör. Ich sollte mich von den Aussagen distanzieren und diese zurücknehmen. Andernfalls würde man überlegen, mich in Rio schon vor Beginn der Wettkämpfe nach Hause zu schicken."
Ähnliche Erfahrungen schildert Seeliger während dieses Jahres. Rudolf Krenn verteidigte sich in einem Telefonat mit dem "Spiegel" mit der Aussage, er vermute eine Kampagne gegen seine Person. Der Verband stellt sich zeitgleich hinter seinen Trainer: "Im Moment kann ich nur sagen, Rudi Krenn genießt das volle Vertrauen und wird die Sportschützen-Mannschaft weiter betreuen", so DBS-Vizepräsident und Chef de Mission Dr. Karl Quade in der "Sportschau".
Quellen: "Tagesspiegel" "Spiegel"