RADSPORT Tour de France ohne Jan Ullrich

Zwei Monate vor dem Start der Tour de France am 6. Juli in Luxemburg sagte Olympiasieger Jan Ullrich am Dienstag seine Teilnahme ab.

Zwei Monate vor dem Start der Tour de France am 6. Juli in Luxemburg sagte Olympiasieger Jan Ullrich am Dienstag seine Teilnahme ab. Genau wie 1999 wird der Toursieger von 1997, der in Frankreich zudem vier Mal Rang zwei belegte (1996, 1998, 2000 und 2001), beim Saisonhöhepunkt fehlen. Als Grund wurden am Dienstag gesundheitliche Probleme angegeben. Der »Band- und Kapselapparat im rechten Knie« hielte größerer Belastung nicht stand, hieß es in einer Pressemitteilung der Telekom-Mannschaft.

Der Schmerz ist wieder da

»Es hatte keinen Sinn, bei stärkeren Intensitäten im Training war der Schmerz wieder da«, erklärte Ullrich, der sich nach den zum ersten Mal im Januar aufgetretenen Knie-Problemen seit vier Wochen wieder im Aufbautraining befindet und gegen den nach seiner Irrfahrt durch Freiburg am 1. Mai ein Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit am Steuer und Fahrerflucht läuft.

Wieder drei Wochen Pause

Der Hamburger Wolfgang Strohband, Manager und väterlicher Freund Ullrichs, bestätigte die Absage, die kaum jemanden mehr überraschte. »Den geplanten Test im Schwarzwald brauchten wir nicht. Jan bekam bei Belastung immer wieder Probleme mit dem Knie, das ihm seit Januar zu schaffen macht. Er wird vor der Tour de France keine Rundfahrt mehr bestreiten und jetzt erst einmal wieder drei Wochen Trainingspause einlegen«, sagte Strohband.

Nächster Star im September?

Also findet auch die Bayern-Rundfahrt ab 22. Mai, die Deutschland-Tour ab 3. Juni und die Tour de Suisse ab 17. Juni ohne den Doppel- Weltmeister im Zeitfahren statt. Laut Strohband stehe ein geplanter Start bei der Spanien-Rundfahrt im September im Saison-Mittelpunkt. Allerdings müsse die Knieverletzung erst restlos auskuriert werden, erklärte Teamarzt Lothar Heinrich. Jan werde »die Zeit dazu erhalten«. Nach seiner Tour-Absage 1999 hatte Ullrich die Vuelta gewonnen und war anschließend in Treviso/Italien zum ersten Mal Zeitfahr-Weltmeister geworden.

Wird Zabel die Tour-Hoffnung?

Die Entwicklung sei »sehr ärgerlich, weil ich diesmal so gut wie nie durch den Winter gekommen bin«, erklärte Ullrich, der im Januar bereits die Katar-Rundfahrt bestritten hatte, anschließend mit Knie-Problemen aber aus dem Trainingslager aus Südafrika zurückgekehrt war. »Jetzt müssen wir die Tour ohne Kapitän und potenziellen Anwärter auf den Toursieg bestreiten«, sagte Ex-Profi und Teamsprecher Olaf Ludwig, der eine Ausrichtung der Telekom-Tour- Mannschaft auf die Bedürfnisse Erik Zabels in Aussicht stellte.

»Babysitter-System« gescheitert

Ullrich, der gerade langwierige italienische Doping-Ermittlungen schadlos überstanden hatte, scheint am Scheideweg seiner Karriere zu stehen. Die Eskapaden mit Alkohol und Führerschein-Entzug hatten ein Bild von dem Sportidol gezeigt, das seinem aufgebauten Image in der Öffentlichkeit so gar nicht entsprach. Jetzt tritt der Amateur-Weltmeister von 1993 auch sportlich auf der Stelle und muss sich bewusst werden, dass das »Babysitter-System« seines Rennstalls mit Leibkoch, Hausarzt, persönlichem Trainer und einer Teamleitung als allgegenwärtigem Abschirmdienst gescheitert ist. Mehr an Betreuung »geht nicht«, sagte Team-Manager Walter Godefroot.

»Jan hat das sportliche Potenzial eines Eddy Merckx. Er hat so viel Talent und gezeigt, was er leisten kann. Es ist aber ganz allein Jans Entscheidung, ob er sich noch ein Mal richtig engagieren kann, um vielleicht im nächsten Jahr den Toursieg ernsthaft ins Visier zu nehmen. Wir hoffen das. Aber man kann in die Menschen nicht hineinschauen«, erklärte Godefroot, der jetzt eine eher langweilige Tour de France erwartet und am Dienstag fragte: »Wer will die Kreise des dreifachen Toursiegers Lance Armstrong stören?«

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