Deutschlands Schwimm-Superstar Britta Steffen musste sich direkt nach ihrer Ankunft in Rom Angriffen erwehren, ihr Vertragspartner adidas würde den neuen Wunderanzug der Konkurrenz verweigern. Die Weltrekordlerin aus Berlin konterte cool: "Das ist kein Problem von adidas, sondern der FINA." Der Schwimm-Weltverband hatte mit seiner Anzug-Politik für einen Riesenwirrwarr gesorgt. Alle Welt will in Rom mit Britta Steffen reden - und alle interessieren sich für ihre Kleidung. Rom verspricht ein Rekord-Festival.
Doppel-Olympiasiegerin Steffen nimmt die WM mit der 4 x 100-Meter- Freistil-Staffel auf. "Ich bin gespannt, wie es sich anfühlt, im schwarzen Anzug zu sein und die Sonne brennt, das wird bestimmt nicht angenehm sein, aber man springt ja ins kühle Nass", sagte sie. Allein der WM-Titel fehlt noch in ihrer Sammlung. Steffen: "Sicherlich wäre es schön, Weltmeisterin zu werden. Wenn ich dann verliere, gut, dann nehme ich das hin." Paul Biedermann, Europarekordler und Medaillen- Kandidat über 200 Meter Freistil, hat über die doppelte Distanz WM-Generalprobe. "Ehrlicherweise wird der Anzug über 200 Meter ein bis zwei Sekunden ausmachen", sagte Biedermann, "er ist ziemlich schnell, unheimlich schnell." Bundestrainer Dirk Lange: "Der Kampf um Rom kann beginnen. Wir sind gut aufgestellt. Und ich bin überzeugt, dass wir ein gehöriges Wort mitsprechen können."
"Es langweilt schon, über Anzüge zu reden"
Steffen lässt sich von den Anzug-Diskussionen nicht verrückt machen. Als sie vor einem Jahr in Peking antrat, wurde sie fast bedauert, weil sie in adidas schwamm. Sie holte zweimal Gold. Ende des Jahres kündigte adidas wegen anhaltender Kritik den Vertrag mit dem Deutschen Schwimm-Verband. Steffen hat fast Mitleid mit ihrer australischen Herausforderin Lisbeth Trickett, die im vor einem Jahr als Wunderanzug gepriesenen Speedo-Produkt der Entwicklung hinterher schwimmen könnte. Wie der US-Superstar Michael Phelps, der in Peking mit sieben Weltrekorden acht Goldmedaillen gewann. "Es ist schon eine komische Sache. Ich weiß, ich schwimme einen besseren Anzug als sie, das macht nicht so Spaß", sagte Steffen mit Blick auf Trickett. "Ich finde es gut, dass sie loyal bei ihrem Ausrüster geblieben ist. Andere sind umgefallen wie die Fliegen. Das finde ich nicht so gut."
Trickett, mit Steffen fast in Freundschaft verbunden, nimmt es gelassen: "Es langweilt schon, über Anzüge zu reden." Australiens Cheftrainer Alan Thompson wird noch deutlicher: "Ich habe genug von dieser Diskussion. Wir sind hergekommen, um zu schwimmen, und nicht für eine Modenschau."
High-Tech-Anzüge ab 2010 verboten
Bei der WM in Rom haben zum ersten Mal alle Ausrüster einen Outlet-Laden aufgemacht. Nach FINA-Vorgaben müssen sie ihre Produkte in ausreichender Zahl allen WM-Startern zur Verfügung stellen. Die Hersteller kommen aber offensichtlich mit der Produktion der rund 400 Euro teuren Anzüge, die einen extrem geringen Wasserwiderstand haben und für eine bessere Lage im Wasser sorgen, nicht nach. Bundestrainer Lange hat die Diskussion satt. "Wir machen nur, was legitim ist", sagt er, "es wäre schlecht, Leute in eine Doping-Ecke zu stellen, nur weil sie einen schnellen Anzug haben." Und er betont mit Nachdruck: "Jetzt haben wir alle die gleiche Ausgangsposition." Und das wird wohl auch so bleiben.
Die umstrittenen High-Tech-Anzüge sollen nämlich von 2010 an der Vergangenheit angehören. Wie das immer gut informierte Internet-Portal "swimmnews.com" berichtete, hat der Kongress des Weltverbandes FINA am Freitag am Rande der WM in Rom mit mehr als 180 Ja- gegen nur sieben Nein-Stimmen ein künftiges Verbot der Ganzkörperanzüge beschlossen. Vom 1. Januar 2010 an müssen demnach die Schwimmanzüge oberhalb der Knie enden und dürfen zudem nur noch aus Textil-Materialien bestehen. Sämtliche Kunststoff- Beschichtungen sind künftig verboten. Männer-Anzüge sollen von der Taille bis zum Knie gehen, die Frauen-Badeanzüge schulterfrei sein.
DPA/kbe