In den letzten Wochen und Monaten ist es ruhig geworden um Uli Hoeneß, doch in einer der größten Krisen der Fußball-Bundesliga meldet sich der einstige Lautsprecher zurück. In der Diskussion, wie es nach Aussetzung des Spielbetriebs vorerst bis Anfang April weitergehen soll, fand der Ehrenpräsident des FC Bayern München die bisher deutlichsten Worte. Der Virus betreffe uns alle und der Fußball sollte sich nicht zu wichtig nehmen: "Wir müssen endlich der Realität ins Auge schauen. Wir müssen vier Wochen warten, alles auf null fahren. Vielleicht müssen wir im Oktober noch aufhören, Fußball zu spielen. Das weiß kein Mensch", sagte der 68-Jährige am Sonntag in der Sport1-Sendung "Doppelpass" voller Sorge vor einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus.
Alle Gedankenspiele, wann der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden könnte, hält er angesichts der täglich neuen Meldungen von steigenden Infektionszahlen für verfrüht: "Ich finde es Scharlatanerie, heute zu sagen, was in vier Wochen passiert. Wir müssen den Wissenschaftlern die Zeit geben, um das Serum zu finden, das Therapeutikum zu finden. Alles andere ist Schaumschlägerei." Bis dahin müsse "jeder Bürger auf der ganzen Welt diszipliniert daran mitarbeiten", das Problem in den Griff zu bekommen. "Für diese Situation gibt es kein Handbuch zum Nachschlagen. Wir müssen alle lernen, mit dieser Situation umzugehen."
"Man kann fast gar nichts beschließen"
Bei dieser Gemengelage sei auch von der für Montag angesetzten DFL-Krisensitzung, auf der die Proficlubs über das weitere Vorgehen beraten wollen, nicht viel zu erwarten: "Ich halte diese Sitzung für wichtig. Aber man kann fast gar nichts beschließen. Man kann darüber nachdenken, was mit den Verträgen passiert, die am 30. Juni auslaufen. Das sind technische Dinge. Aber in der jetzigen Situation, wo man nicht weiß, wie viele neue Fälle gibt es morgen, wie viele gibt es in einer Woche, da kann man doch gar nichts beschließen. Erst wenn diese Zahlen irgendwann mal runterfahren, kann man darüber nachdenken, wann wieder Fußball gespielt wird."
Ähnlich wie Hoeneß äußerte auch Rudi Völler in der Sondersendung zum 1000-Jubiläum des "Doppelpasses" die Meinung, dass die Bundesliga bei der Bewältigung der Krise im Mittelpunkt stehen muss. "Das Wichtigste für den Fußball ist ganz klar die nationale Liga. Das wird auch morgen bei der Sitzung das Wichtigste sein. Wie kann die nationale Liga weiterspielen, weiter existieren. Der Rest, die Europa League, die Champions League, stehen hinten an. Und ganz hinten steht die Europameisterschaft", sagte der Sport-Geschäftsführer von Bayer Leverkusen.
Uli Hoeneß sieht "keinen Sinn" in der EM-Austragung
Hoeneß, der sich im November aus der Führungsetage des FC Bayern zurückgezogen hatte, wurde noch deutlicher: "Es macht überhaupt keinen Sinn, die Europameisterschaft zu spielen."
Wirklich optimistisch, dass Bayer Leverkusen am 4. April in der Bundesliga gegen Wolfsburg spielt, wirkte Völler nicht. "Es ist im Moment vielleicht unrealistisch, dass das Spiel stattfindet", sagte der 59 Jahre alte Weltmeister von 1990. Mit einer schnellen Rückkehr zur Normalität sei nach der Pause ohnehin nicht zu rechnen. "Dass wir danach, ob in drei oder sechs Wochen, zu Beginn erst mal wieder Geisterspiele haben werden, ist - glaube ich - auch allen klar."