Die Handschellen durfte NBA-Profi Terry Rozier wieder ablegen, bevor er das Bundesgericht in Orlando verließ. In Shorts und einem dunklen Pulli kehrte der Basketball-Star vorläufig zurück in die Freiheit.
Fast zeitgleich verließ auch Coach Chauncey Billups ebenfalls ungefesselt ein Gericht in Portland. Die heftigen Vorwürfe rund um Spielmanipulationen, illegale Wetten und gar Mafia-Verbindungen werden beide aber vorerst nicht los - ebenso wenig wie die NBA den riesigen Schatten über ihrem Saisonstart.
34 Personen wurden von der amerikanischen Bundespolizei festgenommen, darunter waren Berichten zufolge neben Star-Basketballern wie Billups und Rozier auch Schwerkriminelle und vermeintliche Mafiosi. Einen "unfassbaren Betrug" erkannte FBI-Chef Kash Patel. Von Szenen wie in einem "Hollywood-Film" sprach Ermittler Ricky Patel vom US-Heimatschutzministerium. Trainer Rick Carlisle von den Indiana Pacers sprach von einem "schockierenden Tag".
Billups als Lockvogel für manipulierte Pokerrunden?
In gleich zwei parallel laufenden Verfahren rückten am Donnerstag Beamte aus und nahmen fast drei Dutzend Personen fest. Einmal geht es dabei um Betrug bei Pokerspielen. Der Vorwurf: Im Auftrag von Familien der Cosa Nostra - also der sizilianischen Mafia - sollen Menschen zu Pokerrunden mit Prominenten eingeladen worden sein.
Mit gezinkten Karten, versteckten Kameras und manipulierten Kartenmischgeräten wurden diese Gäste dann um Millionen von Dollar gebracht. Einer der Lockvögel laut Anklage: Chauncey Billups (49).
Billups ist kein Nobody - im Gegenteil: Er war als Spieler ein Star, wurde 2004 mit den Detroit Pistons NBA-Champion und dabei sogar zum wertvollsten Spieler der Finalserie gewählt. Wegen spektakulärer Würfe in engen Partien bekam er den Spitznamen "Mr. Big Shot". 2024 wurde er in die Ruhmeshalle der NBA aufgenommen.
Sein Anwalt beteuert die Unschuld. Wer der Staatsanwaltschaft glaube, der glaube auch, dass Billups "sein Vermächtnis als Hall-of-Fame-Spieler, seine Reputation und seine Freiheit riskieren würde", sagte Chris Heywood. "Er würde all das nicht aufs Spiel setzen, schon gar nicht für ein Kartenspiel." Als Coach der Portland Trail Blazers wurde er vorübergehend suspendiert. Am 24. November soll er vor Gericht in New York erscheinen. Als Cheftrainer fungiert vorerst der bisherige Assistent und frühere brasilianische NBA-Profi Tiago Splitter.
Vorwurf gegen Rozier: Schlechte Spiele für hohe Wettgewinne
Auch der noch aktive Rozier kann vorerst nicht zurück zu den Miami Heat, wie die NBA verfügte. Wie Billups musste er seinen Reisepass abgeben, zudem habe er sein Haus in Florida als Kaution vor Gericht hinterlegt. Der 31-Jährige steht in der zweiten Causa im Fokus, in der es um Glücksspiel geht, konkret um Online-Sportwetten. Der Profi solle Zockern angeboten haben, seine Leistung auf dem Parkett so anzupassen, dass diese hohe Wettgewinne einfahren.
Wer also etwa auf eine schwache Punktausbeute bei dem normalerweise starken Werfer gesetzt hatte, konnte viel Geld gewinnen - weil Rozier sich laut den Vorwürfen früh im Spiel verletzt abmeldete. Schon 2023 gab es gegen ihn Ermittlungen in einem ähnlichen Fall, aber keine Sanktionen. Staatsanwalt Joseph Nocella Jr. sprach von "einem der dreistesten Korruptionssysteme im Sport, seit Online-Sportwetten in den Vereinigten Staaten legalisiert wurden".
Roziers Anwalt Jim Trusty sagte, sein Mandant sei kein Zocker. Er kritisierte die Behörden für die Festnahme, mit der sie den Spieler öffentlich hätten vorführen wollen. Rozier war laut Nachrichtenagentur AP in einem Shirt seines Ex-Teams Charlotte Hornets und Handschellen sowie gefesselt vor Gericht erschienen.
Sogar LeBron James taucht in Akten auf
Ein Ex-Basketballer soll sogar in beide Ermittlungen verstrickt sein: Der frühere Cleveland-Cavaliers-Profi und spätere Assistenzcoach Damon Jones soll laut Anklage sowohl Pokerspieler für die manipulierten Events angeworben haben. Darüber hinaus habe er mit Insider-Wissen bei Online-Wetten mitgemischt - und da kommt sogar einer der größten Namen der Basketball-Historie ins Spiel.
Medien zitieren aus Akten der Ermittler, wonach etwa im Februar 2023 ein Star der Los Angeles Lakers kurzfristig für ein Spiel ausfiel. Jones, der bisher nicht auf die Anschuldigungen reagierte, habe das - anders als die Öffentlichkeit - gewusst und eine Nachricht verschickt mit der Aufforderung, hohe Wetten auf einen Sieg der Milwaukee Bucks zu platzieren. Und wer fehlte den Lakers in dem Match wegen einer Knöchelblessur? LeBron James, einst Cleveland-Teamkollege und seitdem ein guter Kumpel von Jones.
Superstar reagiert auf Enthüllungen
Der Sender ESPN berichtete unter Verweis auf das Umfeld von LeBron James, dass der Superstar keine Ahnung davon hatte, dass sein Fitnesszustand an jenem Abend vorab mit Online-Zockern geteilt worden sei. Die Milwaukee Bucks gewannen das Spiel dann übrigens. "Das ist der Skandal um Insiderhandel in der NBA", sagte FBI-Chef Patel. Möglicherweise steht der Skandal in der besten und glamouröseste Liga der Welt sogar erst am Anfang.