Die derzeitige Besteuerung von Firmenwagen ist ökonomisch falsch, führt zu unnötigen Mindereinnahmen für den Staat und gibt Anreize zur Schädigung der Umwelt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten der Universität Köln im Auftrag des Bundesumweltministeriums.
Durch eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Reform könnten die Steuereinnahmen um 2,9 bis 4,6 Milliarden Euro im Jahr steigen, schreibt das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut (Fifo) Köln in seinem 274 Seiten starken Gutachten, das der "Financial Times Deutschland" (FTD) vorliegt. Die Sozialversicherungen würden 0,4 bis 0,9 Milliarden Euro mehr einnehmen. Über die heute geltenden Regeln urteilt das Fifo: "Mit hohen Einbußen bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wird eine klimaschädliche Lenkung dahingehend hervorgerufen, verbrauchsstarke Fahrzeuge möglichst viel zu fahren."
Gutachten setzt Regierung unter Druck
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte dazu der "FTD": "Der Staat subventioniert mit Milliardenbeträgen extrem spritschluckende Firmenwagen." Das sei nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch unsinnig: "Kein Rechtsanwalt in Berlin braucht einen Geländewagen, um zu seinen Mandanten zu kommen. Wer unbedingt ein solches Auto fahren will, soll dafür dann auch selber zahlen."
Lisa Paus, Steuerexpertin der Grünen im Bundestag, sagte: "Warum soll die Auszubildende einer Bank mit ihrem geringen Einkommen die dicken Limousinen ihrer Chefs subventionieren? Steuerliche Privilegien für klimaschädliche Dienstwagen müssen abgeschafft werden."
Mit dem Gutachten steigt der Druck auf die Bundesregierung, ihren eigenen Koalitionsvertrag zu erfüllen. Dort ist festgehalten, die Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen zu überprüfen. Das Finanzministerium teilte am Montag mit, der Prüfauftrag werde "abgearbeitet". Das Umweltministerium will sich zu dem selbst in Auftrag gegebenen Gutachten gar nicht mehr äußern.
Mächtige Autolobby bremst
Michael Thöne, Fifo-Projektleiter für die Arbeit, sagte der "FTD": "In beiden Ministerien sitzen Bremser. Die Leute im Finanzministerium haben sich in der Vergangenheit schon mal eine blutige Nase geholt, weil die Autolobby mit allen Mitteln eine sinnvolle Änderung verhindern will."
Nach heutigem Recht muss ein Arbeitnehmer, der seinen Firmenwagen privat nutzt, ein Prozent des Listenpreises des Autos pro Monat versteuern. "Diese Pauschale ist sehr grob und zudem sehr niedrig angesetzt", schreibt das Fifo. Auch für das Unternehmen sei es günstiger, einen Dienstwagen zu stellen als das Gehalt entsprechend zu erhöhen. Für das Auto müssen keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt werden. Hinzu kommt die Abschreibung, die gerade bei teuren Autos hoch ist. Insgesamt, so das Fifo, werde die Steuergerechtigkeit verletzt: "Besserverdiener nutzen Steuerprivilegien, die Normalverdienern sehr viel seltener zugänglich sind."
Das Kölner Institut schlägt vor, die Anschaffung und die Nutzung des Pkw steuerlich aufzuteilen. Bei der Nutzung sollten alle Fahrten, die nicht zwischen Wohnung und Arbeitsort stattfinden, pauschal zu 75 Prozent der Privatsphäre zugeordnet werden. Bei der Nutzung könnte auch eine CO2-Komponente eingeführt werden. Dadurch würde auch die Anschaffung von Elektroautos attraktiver, die sich bisher steuerlich nicht rechnen. "Es darf nicht sein, dass der Steuereffekt betriebswirtschaftlich sinnvolle Lösungen verhindert", sagte Thöne.