In der SPD-Fraktionsspitze werden Forderungen aus der rot-grünen Regierungskoalition nach einer vorgezogenen Steuerentlastungen zum Jahreswechsel unterstützt. "Das Vorziehen der Steuerreform-Stufe 2005 auf 2004 könnte eine geeignete Maßnahme sein, um die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu bekämpfen", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß der "Financial Times Deutschland" vom Donnerstag. Die dadurch entstehenden Steuerausfälle sollten durch den Abbau der Entfernungspauschale für Pendler oder anderer steuerlicher Subventionen teilweise gegenfinanziert werden. Eine Entscheidung über die Steuerreform stehe aber erst nach der Sommerpause an, weil zuvor noch die Zustimmung der Grünen und der Länder eingeholt werden müsse und Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ein Sparpaket vorlegen solle, hieß es in dem Bericht.
Auch die EU müsste mitziehen
Außerdem müsse die Europäische Union überzeugt werden, dass Deutschland auch bei vorgezogenen Steuererleichterungen das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts im Visier behalte. Diese Fragen seien der Grund dafür, dass Bundesfinanzministerium und Kanzleramt bislang Berichte über entsprechende Erwägungen zur Steuerreform dementierten.
Zwingender Abbau von Subventionen
Nach den Haushaltsexperten von SPD und Grünen hatten sich auch Bundesbank-Präsident Ernst Welteke und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt unter Vorbehalten für vorzeitige Steuerentlastungen ausgesprochen. Beide mahnten an, einen solchen Schritt zwingend mit einem konsequenten Abbau von Subventionen und anderen Ausgabenkürzungen zu verbinden. Auch der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Gustav Horn, plädierte für vorzeitige Steuersenkungen.
Nächste Stufe ein Jahr früher
Die zweite Stufe der Steuerreform soll nach den geltenden Planungen 2004 in Kraft treten, die dritte Stufe ein Jahr später. Nach den Vorschlägen soll die dritte Stufe auf 2004 vorgezogen werden. Insgesamt ergibt sich aus beiden Stufen ein Entlastungsvolumen von rund 26 Milliarden Euro.
Neuen Milliarden würden fehlen
Eichel hat für das nächste Jahr Einsparungen im Bundeshaushalt von mindestens 15 Milliarden Euro angekündigt. Er stößt aber bislang auf Widerstand seiner Kabinettskollegen. Bis zur Klausursitzung des Kabinetts Ende Juni will er den Haushalt weitgehend unter Dach und Fach haben. Durch ein Vorziehen der Steuerreform käme allein auf den Bund eine zusätzliche Konsolidierungsleistung von rund neun Milliarden Euro zu. Damit wäre eine erneute Verletzung der für Staaten der Euro-Zone vereinbarten Grenze für die Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts wahrscheinlich.