Die Koalition hat ihre Pläne für die Reform des Mietrechts abgeschwächt. Die Wohnungsnutzer müssen keine drastischen Mieterhöhungen im Zuge energetischer Modernisierungen fürchten. An ihrem Ziel hält die Bundesregierung aber fest: Die Bedingungen und Anreize für eine grundlegende Auffrischung der Gebäude soll verbessert werden. Gemeint sind zum Beispiel Wärmedämmungen. Der Bedarf ist gewaltig: Die Regierung will, dass 18 Millionen Häuser bis 2050 modernisiert werden. Dadurch soll der Energieverbrauch von Gebäuden um 80 Prozent verringert werden.
Warum will die Koalition das Mietrecht ändern?
In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und FDP auf eine Reform des Mietrechts verständigt. Ziel ist es, energiesparende Sanierungen zu erleichtern. Da auf Gebäude 40 Prozent des Primärenergiebedarfs und ein Drittel der CO2-Emissionen entfallen, gehören energetische Modernisierungen zu den zentralen Bausteinen der schwarz-gelben Klimapolitik. Zusätzliche Brisanz erhält das Thema mit der geplanten Energiewende. In der Koalitionsvereinbarung sind zudem Änderungen zum Nachteil der Mieter vorgesehen. Unter anderem sollen Kündigungsfristen von Vermietern und Mietern angeglichen werden. Außerdem will die Koalition Mietminderungsmöglichkeiten während Bauarbeiten einschränken. Und die Hausbesitzer sollen sogenannte Mietnomaden schneller rausschmeißen können. Bis jetzt hat Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nur Eckpunkte für eine Gesetzesnovelle vorgelegt. Einen Entwurf noch in der ersten Jahreshälfte folgen.
Wer bezahlt die energetische Sanierung?
Das ist momentan Sache des Vermieters. Er kann allerdings bis zu elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umlegen. Dabei muss aber klar ersichtlich sein, dass der Umbau zu Einsparungen beim Energie- oder Wasserverbrauch führt. Reine Instandhaltungsarbeiten dürfen nicht auf die Wohnungsnutzer abgewälzt werden. Hier kommt es oft zum Streit über die Frage, ob eine Sanierung oder eine Instandhaltung vorliegt. Problematisch wird es auch, wenn Instandhaltung und Modernisierung gleichzeitig vorgenommen werden. Dann müssen die Kosten getrennt ausgewiesen werden.
Wie stark könnten die Mieten steigen?
Mehr als elf Prozent der Kosten werden die Hausbesitzer auch künftig nicht auf die Mieter abwälzen können. Das stellte Leutheusser-Schnarrenberger gegenüber der "Financial Times Deutschland" klar. Die Vermieter könnten diesen Rahmen schon heute nicht vollständig ausreizen, weil solche Mieterhöhungen am Markt nicht durchsetzbar seien. Auch die Deutsche Energieagentur (Dena) wiegelt ab. Sie kommt nach der Untersuchung von 350 Praxisbeispielen energetischer Sanierung zu dem Schluss, dass es keine Anhebung des Wohntarifs geben muss. "Der Anstieg der Kaltmiete wird durch die eingesparten Energiekosten ausgeglichen", schreibt die Dena. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) hält die Studie allerdings für unrealistisch. Die Dena berücksichtige nicht die vollständigen Kosten einer Modernisierung.
Können Mieter energetische Sanierungen blockieren?
Eine Modernisierungspflicht sehen die Pläne der Bundesregierung nicht vor. Auch wird es wohl nicht zu der von Mieterverbänden kritisierten Duldungspflicht bei Energiesanierungen kommen. Mit Anreizen und Sicherheiten will Leutheusser-Schnarrenberger den Eigentümern die Modernisierungen schmackhaft machen. "Aber es wird keinen Freifahrtschein geben." Ohne Härtefallregelung für Mieter gehe es nicht. In der Praxis wehren sich viele Mieter gegen energetische Sanierungen, weil sie befürchten, dass die Kosten auf die Miete aufgeschlagen werden. Umstritten ist auch, ob Wohnungsnutzer wegen der Umbauarbeiten eine Mietminderung geltend machen können. Momentan können sie im Zeitraum der Beeinträchtigung 50 bis 100 Prozent der Miete einbehalten. Die Immobilienwirtschaft sieht darin ein Haupthindernis für Modernisierungspläne. In der CDU gibt es Überlegungen, Minderungsmöglichkeiten auf drei Monate zu beschränken.
Was will die Regierung gegen Mietnomaden tun?
Das Problem betrifft nur wenige, trotzdem sorgen Berichte über Mietnomaden immer wieder für Aufsehen. Eigentümer klagen, dass sie Mieter, die nicht zahlen und ihre Wohnung verkommen lassen, nur schwer loswerden. Laut einer von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie gibt es bundesweit nur wenig mehr als 400 Fälle. Andere sprechen von 500 bis 1000 Mietnomaden. Opfer sind zumeist unkundige Vermieter, die keine Schufa-Auskunft von den Einziehenden verlangten und auch keinen Nachweis über Einkünfte. Die Justizministerin will an dieser Stelle die Rechte der Eigentümer stärken. "Die Verfahren bei der Vollstreckung von Titeln sind häufig zu lang, es wird vereinfachte Räumungs- und Pfändungsmöglichkeiten geben", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Von der Räumungsklage bis zum Auszug unter Zwang vergeht momentan häufig mehr als ein Jahr. Die Gesamtkosten für das Verfahren können den Vermieter weit mehr als 10.000 Euro betragen.
Gefunden in der Online-Ausgabe der "Financial Times Deutschland"