Spätestens seit der Corona-Pandemie ist es Usus geworden, sich Essen nach Hause liefern zu lassen. Sei es, weil man dank Quarantäne in den eigenen vier Wänden gefangen ist, die Restaurants im Lockdown ohnehin geschlossen waren – oder einfach nur aus Faulheit. Aus den Essenslieferanten ist eine ganze Industrie geworden, in Deutschland bestellten im vergangenen Jahr etwa 20 Millionen Menschen ein- oder mehrmals im Monat Essen. Oft gerät allerdings aus dem Blick, dass diese Bestellungen auch von jemandem ausgeliefert werden müssen.
Lieferfahrer, sogenannte Rider, sind jeden Tag stundenlang mit dem Auto oder Fahrrad unterwegs, bei jedem Wetter, oft unter Zeitdruck und bei schlechter Bezahlung. Manche von ihnen nutzen ihren Job aber auch, um sich online einen Namen zu machen: Es gibt einige Lieferfahrer, die erfolgreich auf Social Media sind. Dort nehmen sie die User mit in ihren Arbeitsalltag – und das interessiert offenbar viele Menschen.
Lieferfahrer aus London nimmt User mit auf seine Touren
Einer der erfolgreichsten Essenskuriere im Internet ist der Londoner Milo Sterlini. Er wollte sich etwas dazuverdienen und kam so zu dem Job als Lieferfahrer. Täglich fährt er mit einem Elektroroller im Auftrag des Unternehmens UberEats Essen durch die englische Hauptstadt. Dabei filmt er sich und überträgt seine Touren auf Youtube. Zuerst sahen die Videos nur einige hundert Leute an, dann landete der 28-Jährige einen Hit: In einem seiner Clips berichtete er davon, wie ihm auf einer Tour sein E-Bike gestohlen wurde und wie er es wiederfand.
Seinem Kanal "London Eats" folgen mittlerweile fast 50.000 Menschen. Wenn Sterlini in London, wo es beileibe nicht wenige Lieferfahrer gibt, unterwegs ist, wird er regelmäßig erkannt – trotz Helm, schreibt das Online-Magazin "Input". Andere Kollegen, wie etwa der "DoorDashDriver" Bentley Koup (116.000 Abonnenten auf Youtube), sind noch deutlich erfolgreicher.
Vom Essenslieferanten zum TikTok-Star
Atlanta Martin, eine 21-jährige Engländerin, liefert ebenfalls Essen in London aus. Und genauso wie Milo Sterlini ist sie sehr präsent in den sozialen Netzwerken. Martin hat TikTok als ihren Kanal entdeckt, postet ihre Clips aber auch auf Youtube. Besonders beliebt war ein Video, in dem sie zusammen mit ihrer Tochter auf Tour ging. "Das war ziemlich verrückt. Ich habe mich gefragt, was los war, aber habe mir gedacht, dass ich auch weitermachen kann", sagte sie dem "Sussex Express". Seitdem berichtet Martin von ungewöhnlichen Bestellungen, unfreundlichen Kunden oder ganz normalen Alltagserlebnissen.
Mittlerweile verdient sie mit ihren Klicks auf Youtube sogar etwas Geld. Mit ihrem Job ist sie sehr zufrieden: Ursprünglich arbeitete sie am Flughafen in Gatwick und sah die Lieferfahrten als Zusatzverdienst. Mittlerweile hat Martin den Job am Airport gekündigt. "Als Essenslieferantin kann ich selbst entscheiden, wann ich arbeite, wie viel ich arbeite, und verdiene genauso viel oder mehr", meint sie. Erfolg auf Social Media inklusive.
Das sind die beliebtesten Arbeitgeber bei Nicht-Akademikern

Die Bedeutung von Amazon als Arbeitgeber nimmt weiter zu. Derzeit hat der Konzern in Deutschland rund 30.000 Beschäftigte, bis Jahresende sollen 6000 weitere hinzukommen. Die Arbeitsbedingungen in der Logistik werden zwar immer wieder harsch kritisiert, doch im Arbeitgeberranking von Trendence steigt Amazon gegenüber dem Vorjahr von Platz 19 auf 10. Befragt wurden mehr als 20.000 nicht-akademische Fachkräfte.
Unternehmen profitieren von der Reichweite
Was aber macht den Liefer-Content auf Youtube für viele Menschen so interessant? "Jede Schicht ist anders", meint Milo Sterlini. "Immer, wenn ich rausfahre, passiert etwas anderes." Atlanta Martin ist selbst überrascht: "Ich würde gern wissen, warum es den Leuten so gefällt", wundert sie sich. Martin vermutet, dass ihr Erfolg darauf zurückzuführen sein könnte, dass es im Liefergeschäft nur sehr wenige Frauen gibt.
Auch die Unternehmen haben die Reichweite ihrer Fahrer für sich entdeckt. Der Lieferfahrer sei der wichtigste Influencer, lautet ein Spruch unter Marketingfachleuten in der Branche, die oft nicht gerade im Ruf steht, ihre Arbeitnehmer gut zu behandeln. "Für die Lieferapps ist es kostenlose Werbung", sagt Sterlini. Wie Unternehmen und Lieferfahrer auf Social Media zusammenarbeiten, darüber will kaum jemand ausführlich Auskunft geben. Zumindest inoffizielle Kooperationen gibt es aber hier und da, so tauchte Atlanta Martin schon in einer Doku von Deliveroo auf. Allerdings kann die Präsenz auf Social Media auch in die andere Richtung ausschlagen: So beschwerte sich der Fahrer Michael Smithson im vergangenen Jahr in einem viralen TikTok-Video unter Tränen über die schlechte Bezahlung.
Quellen: "LondonEats" auf Youtube / "Input" / "Mirror" / Statista / "Sussex Express" / Atlanta Martin auf TikTok

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